dodis.ch/47502
Le Chef de la Division des A ffaires étrangères du Département politique,
P. Bonna, au Chargé d’Affaires a.i. de Suisse à
Berlin, F. Rappeler
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Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 16.v.M.2 zu bestätigen. Sie Hessen uns damit den Durchschlag einer Note, datiert vom 12.d.M. zugehen, worin Sie vom Auswärtigen Amt gebeten werden, die in Deutschland, dem Protektorat und den besetzten Westgebieten ansässigen Schweizerbürger jüdischer Rasse zu melden. Nach den Ihnen erteilten Auskünften soll uns die Deutsche Gesandtschaft in Bern eine Mitteilung zugehen lassen, derzufolge alle schweizerischen Juden im Reichsgebiet, dem Protektorat und den besetzten Westgebieten ab 1. April den gegen die Juden erlassenen Massnahmen unterstellt werden sollen.
Eine solche Mitteilung ist uns inzwischen zugegangen. Aus dem Wortlaut der betreffenden in Abschrift beiliegenden Note vom 22.v.M.3 werden Sie entnehmen, dass darin nicht vom Reichsgebiet, vom Protektorat und den besetzten Westgebieten, sondern vom Generalgouvernement, von den baltischen Ländern und den besetzten Ostgebieten die Rede ist.
So wie die Dinge liegen, wird nichts anderes übrig bleiben, als die rechtzeitige Heimschaffung der Schweizerjuden aus den erwähnten unter deutscher Verwaltung stehenden Gebieten in die Wege zu leiten. Es ist zu hoffen, dass man deutscherseits der Rückkehr unserer israelitischen Landsleute aus dem Generalgouvernement, den baltischen Staaten und den besetzten Ostgebieten in die Schweiz keine Schwierigkeiten bereiten wird, nachdem ihre Heimschaffung aus den besetzten Westgebieten durchgeführt und die Ermöglichung ihrer Heimreise aus dem Reich und dem Protektorat in Aussicht gestellt worden ist.
Von den Vorkehrungen, die Sie in dieser Angelegenheit bereits getroffen haben, haben wir mit Interesse Kenntnis genommen, und wir bitten Sie, weiter das Nötige unter Berücksichtigung unserer Instruktionen im Zusammenhang mit der Heimschaffung der Schweizerjuden aus Frankreich4 zu veranlassen. Für uns und die Polizeiabteilung wird es dabei wertvoll sein, möglichst bald die genaue Zahl der zurückkehrenden Landsleute zu kennen5. Gewisse Anhaltspunkte besitzen wir bereits. Es liegen Mitteilungen des Schweizerischen Generalkonsulats Prag6
und des Konsulats Mannheim7 vor; in den Konsularkreisen beider Vertretungen scheinen keine jüdischen Schweizerbürger mehr niedergelassen zu sein.
Was die Juden im Generalgouvernement betrifft, verweisen wir Sie auf unsere Schreiben vom 3., 16. und 31. Dezember v. J.8. Die 4 von Ihnen erwähnten Personen sollten unseres Erachtens in die Heimschaffungsaktion einbezogen werden, wobei man in Kauf nehmen könnte, dass die deutschen Behörden Frau Maria Balsiger (und möglicherweise auch Frau Zofia Wislicka) die Ausreise eventuell unter Hinweis auf ihre polnische Staatsangehörigkeit verweigern werden. In diesem Zusammenhang wäre es für uns von Interesse zu vernehmen, ob die Familie Bächtold tatsächlich arischer Abstammung ist. Die in unserem Schreiben vom 16. Dezember v. J. wiedergegebenen Ausführungen des Zivilstandsamts Schleitheim (Schaffhausen) lassen das sehr zweifelhaft erscheinen. Gegebenenfalls müsste auch diesen Landsleuten die Heimreise in die Schweiz ermöglicht werden, damit sie nicht der Gefahr einer Einweisung ins Ghetto oder einer Deportation ausgesetzt sein werden.
Unter den ungefähr 600 Schweizerbürgern in den von deutschen Truppen besetzten russischen Gebieten befinden sich, soweit hier festgestellt werden kann, keine Juden.