Language: German
29.12.1942 (Tuesday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 29.12.1942
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Le Conseil fédéral adopte de nouvelles mesures visant les réfugiés. A l’exception des déserteurs, prisonniers de guerre évadés et réfugiés politiques, les civils doivent être refoulés immédiatement. Il faut éviter qu’avant d’être expulsés de Suisse, ces personnes ne prennent contact avec des parents, connaissances, avocats, diplomates étrangers, etc. Cas où les réfugiés civils peuvent néanmoins être admis.

Classement thématique série 1848–1945:
6. POLITIQUE ET ACTIVITÉS HUMANITAIRES
6.2. POLITIQUE FACE AUX RÉFUGIÉS ET AUX JUIFS
6.2.1. GÉNÉRALITÉS
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Printed in

Antoine Fleury et a. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 287

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Bern 1997

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dodis.ch/47473
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 29 décembre 19421

2231. Illegal einreisende Ausländer

Das Justiz- und Polizeidepartement legt die Weisungen über Rückweisung oder Aufnahme illegal einreisender Ausländer vor2. Sie werden wie folgt genehmigt.I.

1. Ausländer, die beim illegalen Überschreiten der Grenze oder unmittelbar nachher in der Grenzgegend von Grenzwacht- oder Polizeiorganen angehalten werden, sind von diesen über die Grenze zurückzu weisen. Nicht zurückzuweisen sind Ausländer der in Abschnitt II aufgezählten Kategorien.

Als Grenzgegend im Sinne dieser Weisungen ist ein Gebietsstreifen von etwa 10 bis 12 km der Grenze entlang zu betrachten. Dazu gehören somit beispielsweise: der ganze Kanton Genf, der Teil des Kantons Wallis westlich Martigny (inkl.), der Pruntruterzipfel, der ganze Kanton Schaffhausen, das st. gallische Rheintal usw.

2. Die Rückweisung hat sofort und ohne weiteres zu erfolgen, es sei denn, die Zeit- oder Witterungsverhältnisse oder der körperliche Zustand des Flüchtlings lassen einen Aufschub von einigen Stunden geboten erscheinen; wenn nötig sind die Flüchtlinge, soweit es nach den Umständen möglich ist, vor der Rück Weisung zu verpflegen.

Auf jeden Fall ist darauf zu achten, dass Flüchtlinge, die zurückgewiesen werden müssen, mit niemandem (Verwandten, Bekannten, Anwälten, Gesandtschaften, Konsulaten, Flüchtlingsorganisationen usw.) direkt oder indirekt (namentlich telefonisch) Fühlung nehmen können.

3. Die Rückweisung hat grundsätzlich so zu geschehen, dass den Flüchtlingen Gelegenheit geboten wird, in gleicher Weise und möglichst am selben Ort über die Grenze zurückzugehen, wie und wo sie gekommen sind. Wenn das aus technischen Gründen nicht durchführbar ist, sind die Flüchtlinge den ausländischen Grenzorganen zu übergeben. Ebenso ist zu verfahren, wenn sich die Flüchtlinge auch nach Androhung der Übergabe an die ausländischen Grenzorgane der Rückweisung widersetzen. Bei jeder Rückweisung ist die Übergabe an die ausländischen Grenzorgane anzudrohen für den Fall nochmaliger unerlaubter Einreise.

4. Über jede Rückweisung ist auf dem Dienstweg an die Polizeiabteilung eine kurze Meldung zu erstatten; diese soll Name, Vorname, Geburtsdatum, Nationalität, Konfession (ob Israelit) des Flüchtlings und Ort und Zeit des Grenzübertrittes und der Rück Weisung enthalten.II.

Nicht zurückzuweisen, sondern dem Polizeioffizier des zuständigen Territorialkommandos zu melden und zur Verfügung zu halten sind:

1. Deserteure, entwichene Kriegsgefangene und andere Militärpersonen, sofern sie sich durch Uniformstücke, Soldbuch oder irgendeinen ändern Ausweis als solche legitimieren.

2. Ausländer, die sich bei der ersten Befragung sofort von sich aus ausdrücklich als politische Flüchtlinge erklären und diese Behauptung glaubhaft machen.

Politischer Flüchtling im Sinne dieser Weisungen ist nicht schon derjenige, der gesinnungsmässig mit dem politischen Regime seines Heimat- bzw. Herkunftsstaates nicht übereinstimmt, sondern nur derjenige, der wegen dieser Gesinnung oder entsprechender politischer Tätigkeit im Heimat- bzw. Herkunftsstaat persönlich gesucht oder sonstwie verfolgt wird. Beispiele: Der Franzose, der sich als Anhänger De Gaulles erklärt, ist deswegen noch nicht als politischer Flüchtling zu betrachten, sondern nur wenn er glaubhaft macht, dass seine politische Einstellung den Behörden bekannt geworden ist und er deswegen oder wegen aktiver gaullistischer Umtriebe persönlich verfolgt wird; der Deutsche ist nicht schon deshalb als politischer Flüchtling zu betrachten, weil er seinerzeit Sozialdemokrat oder Gewerkschafter war, sondern nur wenn er glaubhaft macht, dass er heute wegen regimefeindlicher Gesinnung oder Umtriebe persönlich verfolgt wird.

Franzosen, die zur Arbeitsleistung in Deutschland verpflichtet worden sind und sich dem durch Übertritt in die Schweiz zu entziehen suchen, sind aus diesem Grund allein noch nicht als politische Flüchtlinge im Sinne dieser Weisungen zu betrachten und daher über die Grenze zurückzu weisen. Dasselbe gilt für andere ausländische zivile Arbeitskräfte, die freiwillig oder zwangsweise zur Arbeit in Deutschland eingesetzt worden sind.

Flüchtlinge nur aus Gründen der Rasseverfolgung sind nicht als politische Flüchtlinge im Sinne dieser Weisungen zu betrachten.

3. Härtefälle:

a) Offenbar kranke Personen und hochschwangere Frauen

b) Flüchtlinge im Alter über 65 Jahren; Ehegatten, wenn wenigstens einer über 65 Jahre alt ist

c) Allein reisende Kinder unter 16 Jahren

d) Eltern mit eigenen Kindern bis zu 6 Jahren; Eltern mit mehreren eigenen Kindern, wenn wenigstens eines von diesen 6 Jahre alt oder jünger ist.

e) Flüchtlinge, die sofort glaubhaft machen, dass sich Ehegatte, Eltern oder eigene Kinder in der Schweiz befinden, ferner gebürtige Schweizerinnen und ihre Ehegatten.

4. Ausländer, die zwar in Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind, aber ein gültiges ordentliches Visum oder ein sogenanntes «Visum C»3 eines schweizerischen Konsulates besitzen. Ausländer mit ordentlichem Visum sind nach sofortiger telefonischer Fühlungnahme mit der Polizeiabteilung (Tel. Bern 61.2537, 2533 oder 2572) freizulassen und zu verhalten, sich unverzüglich bei der Fremdenpolizei des Kantons, für den die Bewilligung erteilt worden ist, zu melden. Ausländer mit «Visum C» sind genau gleich zu behandeln wie andere nicht zurückgewiesene Flüchtlinge.

5. Ausländer, die auf einer den Grenzbehörden übermittelten Liste von Personen stehen, die im Falle einer heimlichen Einreise nicht zurückzuweisen sind4. III.

1. Der Polizeioffizier des zuständigen Territorialkommandos überprüft die Fälle der ihm gemeldeten und zur Verfügung gestellten Flüchtlinge. Er ordnet ohne weiteres die Rückweisung von Flüchtlingen an, die von den Grenzorganen entgegen den Bestimmungen von Abschnitten I und II hiervor vorläufig aufgenommen worden sind. Er lässt ferner ohne weiteres Flüchtlinge zurückweisen, die den Grenzbehörden oder ihm falsche Angaben über wesentliche Punkte gemacht haben oder die die Aussagen verweigern oder die Geld- und Wertsachen zu verheimlichen versuchten oder die sich sonstwie in schwerwiegender Weise unkorrekt verhalten. Über jede solche Rückweisung ist auf dem Dienstweg Rapport zu erstatten (vgl. I, 4).

2. Der Polizeioffizier des Territorialkommandos verfährt im übrigen nach den ihm erteilten Befehlen. Er sorgt namentlich für sorgfältige protokollarische Einvernahme, Ausfüllen der Fragebogen der Polizeiabteilung, ärztliche Untersuchung, und ordnet das Weitere an (Einweisung in ein Auffanglager). Er meldet unverzüglich alle nicht zurückgewiesenen - wie auch die erst im Landesinnern aufgegriffenen - Flüchtlinge wie bisher der Polizeisektion der Abteilung Nachrichten- und Sicherheitsdienst des Armeekommandos, z. H. der Polizeiabteilung.

3. Die Polizeiabteilung behält sich vor, ihrerseits nach Überprüfung der Einzelfälle Rückweisung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen anzuordnen.

1
E 1004.1 1/428.
2
Pour les directives précédentes, cf. Nos 222, annexe II, et 237, note 2.
3
Cf. annexe au No 255, note 5.
4
Cf. annexe au No 255.