dodis.ch/46715
L’Attaché militaire de Suisse à
Berlin, H. von
Werdt, au Service de l’Etat-Major général, 5e Section
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Berlin, 24. November 1938
Am 10. dieses Monats waren der Herr Minister und ich vom Chef des Generalstabes eingeladen. Es waren auch anwesend Fürst Bismarck vom Auswärtigen Amt des Deutschen Reiches, einige Herren der Attachégruppe und der Adjudant des Generalstabschef, also «ganz kleiner Kreis», wie es offiziell hiess.
Es war das bis jetzt immer verschobene Frühstück, zu dem der jeweilige Generalstabschef jeden neuernannten Militärattache einlädt, und zwar dann immer zusammen mit dem Minister seines Landes.
Der Gen. Chef hielt eine Ansprache, in deren erstem Teil er sich an den Herrn Minister wandte und über die guten Beziehungen der beiden Länder sprach und den Minister als von seinerzeit her in «bester Erinnerung» seiend feierte.
Der Herr Minister antwortete in kurzer, launiger Form.
Im zweiten Teil der Ansprache wandte sich der Gen. Chef an mich und sprach von der Verbundenheit der beiden Armeen, noch ein paar Worte an den Militärattache beifügend, die ich meinerseits verdankte.
Der Ton der ganzen Ansprache war trotz des offiziellen Charakters herzlich. Ebenso war die Konversation in keiner Weise steif, sondern anregend.
Die ganze Art und Weise dieses kleinen Empfanges zeigte neuerdings, dass die deutsche Armee und deren Leitung der Schweiz und deren Armee unbedingt freundschaftlichst gegenüberstehen und die seriöse Arbeit der Armee wie die dafür aufgebrachten finanziellen Opfer des Landes anerkennen und würdigen.
Ich möchte auch bei dieser Gelegenheit wieder erwähnen, dass es schade wäre, wenn uns durch Taktlosigkeiten - ich sage nicht objektive Berichterstattung - unserer Presse solche Sympathien verloren gingen.
Ein kleines Beispiel hierzu ist folgendes:
Man sagte es mir zwar nicht offiziell, aber in einem Gespräch kam doch zum Ausdruck, dass man hier die Überschriften in einigen schweizerischen Zeitungen, den Rücktritt des Gen. der Artillerie, Beck, betreffend, als unangenehm empfand, speziell weil die schweizerische Presse in manchen Ländern als unbedingt zuverlässig gilt und deshalb solche unwahren Angaben leicht die Runde durch andere Länder antreten könnten.
Gen. der Artillerie, Beck, war ein viel zu geachteter und beliebter Chef, als dass die Offiziere die unwahren Angaben im « Sperrdruck » der schweizerischen Zeitungen nicht unangenehm empfunden hätten.
Es schreiben:
Basler Nachrichten: «...Gen. d. Art. Beck entlassen».
Der Bund: «Entlassung des deutschen Generalstabschef».
Neue Zürcher Zeitung: «Verabschiedung des Generalstabschef».
Beide Ausdrücke bezeichnen in der Militärsprache einen «unfreiwilligen» Rücktritt.
Und von einer grossen Zeitung darf man verlangen, dass sie sich über Generalstabschefs grosser benachbarter Armeen korrekt ausdrückt.