Language: German
18.3.1938 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 18.3.1938
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Le 15 mars, le Gouvernement allemand a notifié la réunion de l’Autriche au Reich allemand. Les attitudes possibles. Les intérêts suisses en Autriche sont trop importants pour élever des réserves. L’attitude des puissances. Décision de faire savoir au Reich que le Conseil a pris connaissance de sa note et de transformer la Légation de Suisse à Vienne en Consulat général.
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Printed in

Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 236

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Bern 1994

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dodis.ch/46496
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 18 mars 19381

455. Anschluss Österreichs an Deutschland

Die Deutsche Gesandtschaft hat mit Note vom 15. März2 das Reichsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche vom 13. März notifiziert. Das Reichsgesetz erklärt das von der österreichischen Bundesregierung beschlossene Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche vom gleichen Datum als deutsches Reichsgesetz. Das österreichische Gesetz sieht vor, dass Sonntag, den 10. April, eine Volksabstimmung über die Wiedervereinigung stattfinden werde. Ferner erklärt das Reichsgesetz, dass das derzeit in Österreich geltende Recht bis zur Einführung des Reichsrechts in Österreich in Kraft bleibe. Die Deutsche Gesandtschaft teilt in ihrer Note ferner mit, dass die bisherigen österreichischen diplomatischen Vertreter im Ausland den Auftrag erhalten haben, sich mit ihrem Personal den deutschen Vertretungen zu unterstellen. Eine entsprechende Mitteilung ist bereits vorher seitens des österreichischen Gesandten beim Politischen Departement erfolgt. Der österreichische Gesandte ist nach Wien abgereist.

Es fragt sich nun, ob und wie die Note beantwortet werden soll. Eine Antwort kommt einer Anerkennung des Anschlusses gleich, es sei denn, dass ausdrückliche Vorbehalte gemacht werden. Wird die Note nicht beantwortet, der diplomatische Verkehr in österreichischen Angelegenheiten aber mit der Deutschen Gesandtschaft aufgenommen, so liegt auch darin, wenn nicht ausdrückliche Vorbehalte angebracht werden, eine Anerkennung.

Nach Ansicht des Politischen Departements sollte man nicht zögern, aus den feststehenden und unabänderlichen Tatsachen die in Betracht kommenden Folgerungen zu ziehen. Die schweizerischen Interessen in Österreich sind zu wichtig, als dass man deren Schutz durch unnütze Vorbehalte gefährden dürfte. Die Wiedervereinigung Österreichs mit Deutschland wirft zahlreiche wirtschaftliche und rechtliche Probleme auf, die in Zusammenarbeit mit den jetzt massgebenden deutschen Instanzen gelöst werden müssen.

Es ist fraglich, ob die Westmächte versuchen werden, die Anerkennung von gewissen politischen Zugeständnissen abhängig zu machen. Es ist auch möglich, dass sie durch Abwarten zum Ausdruck bringen wollen, dass sie mit dem Vorgehen Deutschlands in Österreich nicht einverstanden sind. Die Schweiz als neutrales Land hat aber in diesen aussenpolitischen Streitfragen der grossen Mächte nicht Stellung zu nehmen. Sie verfolgt eine neutrale Politik, wenn sie aus den gegebenen unabänderlichen Tatsachen diejenigen Folgerungen zieht, die zur Wahrung der eigenen Interessen notwendig erscheinen.

Wie soeben Herr Minister Jaeger telephonisch mitteilt, haben Ungarn und Frankreich bereits ihre Gesandten in Wien abberufen und die dortigen Vertretungen in Generalkonsulate umgewandelt. Der englische Gesandte ist bereits seit einigen Tagen nach London abgereist. Der schwedische und der brasilianische Gesandte, die beide gleichzeitig in Budapest akkreditiert sind, haben Weisung erhalten, sich nach Budapest zu begeben; es sei beabsichtigt, die Vertretungen in Wien sofort in Generalkonsulate umzuwandeln.

Es fragt sich nun, ob die Gesandtschaft in Wien nicht sofort aufzuheben und ein Generalkonsulat zu errichten sei. Herr Minister Jaeger befürwortet diese sofortige Änderung, da sie der Lage entspreche und die Wahrung der schweizerischen Interessen dadurch erleichtert werde. Dagegen empfiehlt er, dass er bis auf weiteres in Wien bleibe und die Leitung des Generalkonsulats führe, da in Anbetracht der grossen Schweizerkolonie und der vielen Fragen, die sich aus dem Anschluss ergeben, seine dortige Anwesenheit zweckmässig erscheine. Das Departement pflichtet dieser Auffassung bei.

Antragsgemäss wird beschlossen:

1. Das Politische Departement wird beauftragt, den Empfang der Note der Deutschen Gesandtschaft in Bern vom 15. März zu bestätigen und zu antworten, dass der Bundesrat von dem Inhalt Kenntnis genommen habe.

2. Die Schweizerische Gesandtschaft in Wien wird in ein Generalkonsulat umgewandelt; die Leitung des Generalkonsulats hat bis auf weiteres Herr Minister Jaeger, Gesandter in Budapest.

1
E 1004.1 1/371.
2
Non reproduite, cf. E 2001 (D) 1/197.