Classement thématique série 1848–1945:
I. SOCIÉTÉ DES NATIONS
4. Conflit italo-éthiopien, sanctions; venue du Négus en Suisse; manifestation de journalistes italiens à la SdN; reconnaissance de l’Ethiopie italienne
Également: Conférence des associations centrales de l’économie suisse à propos des sanctions prises à rencontre de l’Italie. Annexe de 23.10.1935, dodis.ch/46088.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 167
volume linkBern 1989
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2200.19-01#1000/1723#62* | |
Dossier title | Mesures prises au sujet des sanctions (1935–1940) | |
File reference archive | C.a.l.c |
dodis.ch/46088
Le Directeur de la Division du Commerce du Département de l’Economie publique, W. Stucki, au Ministre de Suisse à Rome, G. Wagnière1
Soeben erhalte ich Ihr Schreiben vom 23. ds. Mts.2, dessen Inhalt ich mit grösstem Interesse £ur Kenntnis genommen habe. Dass die Italiener und speziell Herr Anzilotti über meinen in Genf gemachten Vorschlag3 nicht entzückt sind, und ihn als gefährlich und schädlich ansehen, wundert mich keineswegs. Es handelt sich aber, und das müssen die Italiener endlich begreifen, nicht darum, ob die bisher für Italien äusserst vorteilhafte Bilanz der Wirtschaftsbeziehungen aufrecht erhalten werden kann, sondern darum auf welchem Niveau der Ausgleich dieser Bilanz zu erfolgen hat. Die bisher für Italien resultierende Devisenspitze ist für Italien unter allen Umständen verloren. Werden wir gezwungen, den englischen Antrag4 ebenfalls durchzuführen – da wir wirtschaftlich noch viel schwächer sind als Italien, so haben die Engländer und ihre Trabanten diese Möglichkeit in der Hand, ganz abgesehen von der Frage, dass die Schweiz an den Pakt gebunden ist – so wird der schweizerisch-italienische Handel auf null reduziert und die Italiener verlieren neben der Devisenspitze auch die Arbeit für die bisher nach der Schweiz gelieferten Produkte und sie verlieren weiter die Möglichkeit ihre Schulden an die Schweiz einigermassen abzutragen. Aber abgesehen von der ganzen Genferfrage: Die Zahlungsbilanz der Schweiz und unsere Wirtschaftslage sind so besorgniserregend geworden, dass wir unter allen Umständen gezwungen wären
a) einen einseitigen oder einen vertraglichen Clearing5 durchzuführen und
b) in einem solchen Clearing Italien keine Devisenspitze mehr zur Verfügung zu stellen.
Gerade die vorgestrige Konferenz6 mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft hat gezeigt, dass dies die einstimmige Auffassung unseres Landes ist. Man ist in allen diesen Kreisen über die von Italien so oft verletzten Versprechungen bezüglich der Bezahlung schweizerischer Forderungen derart erbost, dass der Bundesrat, selbst wenn er wollte, die Wirtschaftsbeziehungen mit Italien nicht mehr auf einem Boden regeln könnte, welcher den Italienern einen Devisenüberschuss verschaffen würde.
Dass diese Tatsache für Anzilotti und die italienische Regierung unerwünscht und schmerzlich ist, lässt sich ohne weiteres verstehen. Wie Sie bereits mit Recht eingewendet haben, besteht aber keinerlei rechtliche oder auch nur moralische Verpflichtung der Schweiz, Italien gegenüber eine Politik zu betreiben die anders ist als diejenige, die die Italiener selber sozusagen allen ändern Staaten gegenüber befolgen: Die Politik des vollständigen Ausgleiches der Zahlungsbilanz.
Endlich möchte ich auch darauf aufmerksam machen, dass ja Italien bisher den meisten Ländern gegenüber in der Handelsbilanz passiv war und dass es, soweit es mit solchen Ländern Clearingverträge abgeschlossen hat, nicht nur keinen Devisenüberschuss erhält, sondern selber solche Überschüsse leisten muss. Ich verweise speziell auf Jugoslawien, dessen Delegierte in Genf nicht mit Unrecht, gestützt auf Absatz 3 des Paktes7, von den ändern Staaten verlangt haben, man solle in ihrem Lande die Devisenüberschüsse ersetzen, die dieses bisher von Italien erhalten hat!8 Wenn also die Italiener im Verhältnis zu uns keine Devisenüberschüsse mehr erhalten, so gibt die Annahme des englischen Antrages dafür die Möglichkeit ihrerseits, abgesehen von der Rohstoff-Frage, die Gegenstand des französischen Antrages bildet, keine Devisenüberschüsse mehr an andere Staaten abführen zu müssen. Diese Überlegung hat mich namentlich dazu geführt, in Genf Zweifel über die «efficacité» des englischen Vorschlages zu äussern9.
Bis jetzt hat meines Wissens die von Ihnen signalisierte Intervention des neuen hiesigen italienischen Gesandten10 nicht stattgefunden. Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass ihm das gleiche gesagt wird, was ich Ihnen am 21. ds.11 und heute geschrieben habe. Von beiden Schreiben hat das Politische Departement Abschrift erhalten. P.S.
Zu Ihrer weitern Orientierung übermittle ich Ihnen beiliegend noch die Abschrift des Protokolls über die Konferenz mit den Wirtschafts- Spitzenverbänden des Landes11.
Ferner möchte ich, selbstverständlich mit allem Vorbehalt, auf folgende charakteristische Presseäusserungen hinweisen:
1. Schweiz: «Stucki, der Helfer Mussolinis».
2. Frankreich: «Die Schweizerdelegation ist die Vorhut des Herrn Laval in Genf».
3. England: «Die Schweiz ist offenbar mehr der Gastwirt des Völkerbundes, als dessen Mitglied».
- 1
- Lettre: E 2200 Rom 23/9.↩
- 2
- Cf. no 162.↩
- 3
- Cf. no 160 et n. 8.↩
- 4
- Proposition III du Comité de Coordination. Cf. no 160, n. 2.↩
- 5
- Sur les négociations avec l’Italie pour la conclusion d’un accord de clearing, cf. aussi rubrique II. 15.1: Italie, relations commerciales et financières et accord de clearing.↩
- 6
- Cf. annexe au présent document.↩
- 7
- Troisième alinéa de l’article 16 du Pacte, concernant l’appui mutuel. Cf. no 145, n. 5.↩
- 8
- Allusion à l’intervention du délégué yougoslave, le 17 octobre, devant le Sous-comité pour l’organisation de l’appui mutuel du Comité des Dix-huit (JO. SDN, 1935, Supplément spécial no 145, p. 129).↩
- 9
- Cf. no 160, n. 8.↩
- 11
- Cf. no 160.↩
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