Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
14. Hongrie
14.2. Clearing
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 124
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1533#3472* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1533 143 | |
Dossier title | Intern. Devisenkonferenz in Prag 1931 (1931–1937) | |
File reference archive | C.42.07 • Additional component: A Schweizerische Nationalbank |
dodis.ch/45666
In Beantwortung Ihres Schreibens Nr. XII-B-23-31 vom 24.d.M.2 beehren wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass sich die Bemerkung in dem uns eingesandten Artikel aus der Zeitung «La Journée Industrielle»3 über einen Kompensationsverkehr mit Österreich zweifellos auf die Bemühungen der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung bezieht, schweizerische Exporteure mit Importeuren österreichischer Waren in Verbindung zu bringen zwecks direkter gegenseitiger Verrechnung von Guthaben und Schulden.
Im übrigen sind mit Österreich und Ungarn, den beiden Ländern, deren Devisensperre den schweizerischen Export am empfindlichsten traf, schon vor geraumer Zeit Verhandlungen zur Regelung des gegenseitigen Zahlungsverkehrs aufgenommen worden.
Mit Ungarn4 war es verhältnismässig leicht, zu einer Einigung zu gelangen. Die schweizerische Handelsbilanz nach diesem Lande hat in den letzten Jahren eine für uns äusserst ungünstige Entwicklung genommen. Während im Jahre 1925 einer Einfuhr aus Ungarn von 20 Millionen Franken eine Ausfuhr von 15 Millionen gegenüberstand, war die Einfuhr 1930 auf 42 Millionen gestiegen, die Ausfuhr aber auf 13,6 Millionen gesunken. Das Defizit der schweizerischen Handelsbilanz gegenüber Ungarn, das im Jahre 1929 noch 4,4 Millionen Franken betrug, ist für 1930 auf 28 Millionen angewachsen. Ungarn hat insbesondere seine Ausfuhr an landwirtschaftlichen Produkten (Getreide, Malz, Zucker, Wein, Sprit, Pferde und Vieh) stark gesteigert, wogegen die Produkte unserer Exportindustrie infolge der sehr hohen ungarischen Zölle und der stark gesunkenen Kaufkraft dieses Landes immer weniger Abnehmer fanden.
Es ist unter diesen Umständen klar, dass Ungarn selbst das grösste Interesse daran hatte, den Warenverkehr mit uns durch seine Devisenvorschriften nicht zu stören und einzulenken, als vom Bundesrat eine Kündigung des Handelsvertrages in Erwägung gezogen wurde. In direkten Besprechungen in Wien und Budapest, an denen schweizerischerseits die Herren Professor Bachmann5 und Dr. O. Hulftegger6 teilnahmen, konnte am 14.d.M. eine Einigung erzielt werden. Das Abkommen ist von beiden Regierungen bereits genehmigt worden. Es wurde in der Nummer 275 des Handelsamtsblattes vom 26.d.M. veröffentlicht (französischer Text in Nummer 276)7. Gleichzeitig ist die Kündigungsfrist für den Handelsvertrag von drei Monaten auf einen Monat verringert worden.
Grössere Schwierigkeiten boten die Verhandlungen mit Österreich. Über die Entwicklung der schweizerisch-österreichischen Handelsbilanz geben folgende Zahlen Auskunft:
[...]8
Die Einfuhr aus Österreich nach der Schweiz vermag also die Ausfuhr der Schweiz nach Österreich nicht zu finanzieren. Die Zahlungsbilanz gestaltet sich zudem für Österreich infolge des Anleihedienstes noch wesentlich ungünstiger. Immerhin gelang es den oben genannten schweizerischen Unterhändlern, sich auch mit Österreich über den Text eines Devisenabkommens zu einigen9.
Dieses Abkommen ist allerdings vom Bundesrat bis heute noch nicht genehmigt worden. Wie Ihnen aus der Rede des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartements am Ustertag10 bekannt sein dürfte, muss sich die Schweiz in der Gestaltung ihrer Handelsbeziehungen mit dem Auslande möglichst freie Hand wahren. Es wurde deshalb im Zusammenhange mit dem Devisenabkommen auch die Zustimmung Österreichs zur Herabsetzung der Kündigungsfrist im Handelsverträge von drei Monaten auf einen Monat verlangt. Die Unübersichtlichkeit der handelspolitischen Verhältnisse mit Österreich erfordert zudem eine sehr sorgfältige Prüfung des Devisenabkommens.
Aus allen diesen Gründen hat sich die Inkraftsetzung des Devisenabkommens mit Österreich etwas verzögert. Es darf indessen erwartet werden, dass der Bundesrat in einer seiner nächsten Sitzungen11 nun endgültig Stellung beziehen wird.
Mit ändern Ländern schweben derzeit keine Unterhandlungen zur Schaffung eines Devisenclearings. Insbesondere ist der Handelsverkehr mit Deutschland12 von der vom Reiche eingeführten Devisenzwangswirtschaft nicht in dem Masse berührt worden wie derjenige mit Österreich und Ungarn. Wie Sie wissen, haben zudem soeben die Verhandlungen mit Deutschland über die Neuregelung der gegenseitigen Handelsbeziehungen ihren vorläufigen Abschluss gefunden. Das Hauptergebnis dieser Unterhandlungen, das zweite Zusatzabkommen zu dem schweizerisch-deutschen Handelsverträge vom 14. Juli. 192613, das am 23. November. in Berlin abgeschlossen wurde, wird in der heutigen Ausgabe des Handelsamtsblattes (Nr. 277) veröffentlicht. [...]
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (C)3/143. Paraphe: YV.↩
- 2
- Non reproduit.↩
- 3
- Du 24 novembre précédent.↩
- 4
- Cf. no 95.↩
- 5
- Président du Directoire de la Banque nationale.↩
- 6
- Secrétaire du Vorort de l’Union suisse du commerce et de l’industrie.↩
- 7
- Pour le texte de l’accord, cf. aussi RO, 1931, vo.47, pp. 793-796.↩
- 8
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/45666. Pour le tableau, cf. dodis.ch/45666. For the table, cf. dodis.ch/45666. Per la tabella, cf. dodis.ch/45666.↩
- 9
- Pour le texte de l’accord avec l’Autriche, conclu à Vienne le 12 novembre, cf. RO, 1931, vol. 47, pp. 789-792.↩
- 10
- Il s’agit de l’important discours sur la Suisse devant la crise économique, prononcé par Schulthess à Uster le 22 novembre 1931. Cf. texte du discours in Nachlass E. Schulthess, J.I.6.1/8.↩
- 11
- Cf. no 125.↩
- 12
- Cf. no 113.↩
- 13
- 11.Cf. RO, 1926, vol. 42, pp. 828-921.↩