Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
27. Uruguay
27.1. Allgemeine Beziehungen
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 214
volume linkBern 1980
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#192* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 97 | |
Dossier title | Buenos Aires, Politische Berichte und Briefe, Band 6 (1925–1926) |
dodis.ch/45231
Heimtückisch, geschickt und zäh, in wohlberechnetem diplomatischem Schachzug, hat die Soviet-Union die erste Bresche in den südamerikanischen Kontinent geschlagen. Aus frühem Berichten wissen Sie, dass Abgesandte aus Moskau wiederholt bei den Kanzleien der grossen Republiken der A-B-C-Staaten anklopften, ohne Gehör zu finden. Vom grossen Hauptquartier aus, das sich heute noch in Buenos Aires befindet, hat die russische Strategie, unterstützt von einem nicht zu unterschätzenden Generalstab weiblicher jüdischer Elemente, den Eroberungsfeldzug unternommen, wobei an Geld, Sektgelagen, Toiletten, teuren Cigarren und ändern materiellen Genüssen, denen ja die südamerikanische Psyche nicht ganz fremd ist, nicht gespart wurde. In Buenos Aires, Santiago und Rio de Janeiro fanden sie verschlossene Türen, und das russische Gold öffnete ihnen nur verschiedene Handelskontore. So sind denn auch in den letzten acht Monaten für 8 Millionen Pesos Gold (40 Millionen Franken) Waren aus den La Plata-Staaten nach Russland verschifft worden.
Bei einer frühem Gelegenheit habe ich Ihnen berichtet, dass vor einigen Monaten die südamerikanischen Staaten Fühlung unter einander genommen hätten behufs Abklärung ihrer Stellung zur Frage der Anerkennung der Soviet-Union. Brasilien, Chile und Argentinien verhielten sich durchaus ablehnend, während Uruguay schon damals allerhand Ausflüchte suchte und sich seine Stellungnahme vorbehielt.
Für alle aber überraschend, wie mir heute Herr Gallardo selbst gestand, kam die gestern erfolgte Anerkennung de jure der Soviet-Union durch Uruguay. Das ist zweifellos ein unbestrittener Erfolg von Boris Kraevsky, dem Vorsitzenden der hiesigen Soviet-Handelsmission.[...]2
Wie mir von best unterrichteter Seite gesagt wird, ist die kommunistische Partei Uruguays, die freilich nur 3 Vertreter im Parlament hat, dem Entschluss des Präsidenten der Republik nicht ganz fremd. Sie hat ihn wissen lassen, dass sie demnächst mit diesem Traktandum vor den Kongress gelangen werde, und da sich Uruguay zur Zeit wegen der Präsidentenwahl in fieberhaftem politischem Zustand befindet, wollte die Regierung einer allfällig unangenehmen Debatte durch einen selbstgefassten Entschluss zuvorkommen. Dies ist umso erklärlicher, als die wenigen kommunistischen Stimmen sowohl im Parlament als auch im Consejo de Administration das Zünglein an der Wage bedeuten und durch ihr Verhalten den roten oder den weissen Sieg herbeiführen können. Diese kommunistischen Stimmen wollte sich Präsident Serrato für die kommenden Wahlen gefügig machen. Die Auskunft habe ich von so hoher glaubwürdiger Stelle, dass an ihrer Wahrheit nicht gezweifelt werden kann.
Vorläufig wird der Schritt Uruguays, das ja von jeher immer auf seine «fortschrittlichen» Tendenzen pochte, weder in Argentinien noch in Chile und vor allem nicht in Brasilien Nachahmung finden, aber der Wurm sitzt nun doch im Holz, und Herr Gallardo sagte mir, dass es für sie sehr unangenehm wäre, wenn eine direkte Anfrage aus Moskau um Anerkennung der Soviet-Union käme. Was vor nicht allzu langer Zeit mit glattem Nein beantwortet worden wäre, würde heute doch erwogen werden müssen, wobei vermehrte Ausfuhrmöglichkeiten in der jetzigen Zeit böser Krise schwer in die Wagschale fallen würden.
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