dodis.ch/44792
Le Ministre de Suisse à
Berlin, A. von
Planta, au Chef du Département de l’Economie publique, E.
Schulthess1
Berlin, 24. Dezember 1921
Ich erhielt Ihr Schreiben 5625 vom 19. Dezember2, dem ich gerne entnommen habe, dass die Gesandtschaft in Paris beauftragt worden ist3, die französische Regierung und die Reparationskommission auf die Nachteile hinzuweisen, die für die Schweiz aus einer Stockung der deutschen Kohlenausfuhr entstehen müss
In meinem Schreiben vom 17. ds. Mts.4 hatte ich weiteres Material in Aussicht gestellt, das insbesondere die heutige Stellung des Beckervertrages noch klarer ersichtlich machen würde. Es ist mir nämlich vom Stahlwerk zu streng vertraulicher Behandlung Abschrift eines Schreibens des Reichskohlenkommissars an den Reichswirtschaftsminister5 zugestellt worden, aus dem hervorgeht, dass nach Ansicht des Kommissars auch hinsichtlich des Wiesbadenerabkommens Schwierigkeiten zu befürchten sind, wenn der Beckervertrag nicht der Reparationskommission zur Genehmigung vorgelegt wird. Ich halte es für wünschenswert, dass Sie das fragliche Schreiben in Wortlaut kennen und lasse Ihnen beigelegt Abschrift zugehen, wobei ich aber dringend um streng vertrauliche Benützung bitten muss, weil dieses Schriftstück nur auf dem Wege einer Indiskretion Dritten zugänglich gemacht worden ist. Die Lage wird auch dadurch verwickelt, dass die Verhandlungen über die Vertragsänderung immer noch nicht abgeschlossen sind und leider nicht abzusehen ist, wann dies endlich der Fall sein wird. Vom Auswärtigen Amt wird mir stets versichert, was mir übrigens auch von Beckerseite bestätigt worden ist, dass das Auswärtige Amt auf eine Lösung dränge, dass jedoch im Reichswirtschaftsministerium die Sachen nicht vorwärts gehen wollen.
Nachdem Vorstehendes schon geschrieben war, hatte ich Gelegenheit, mit dem Staatssekretär im Auswärtigen Amte, Herrn von Simson, über die Frage zu sprechen. Herr von Simson teilte mir mit, dass die Besprechung mit der Reparationskommission erst Anfang Januar stattfinden könne. Infolgedessen habe die deutsche Regierung beantragt, auch die Januarlieferungen in bisheriger Weise vor sich gehen zu lassen; das sei aber mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Besprechungen frühzeitig genug stattfinden werden, um die allfälligen Verfügungen noch rechtzeitig zu treffen. Herr von Simson versprach mir nun, diese Frage an die Spitze der Tagesordnung der Verhandlungen zu setzen und mit Nachdruck darauf abzustellen, dass die Januarlieferungen noch unverändert erfolgen können.
Ich frug den Staatssekretär, ob er es für nötig oder nützlich halte, den Beckervertrag der Reparationskommission zur Genehmigung vorzulegen, worauf er mir in bestimmter Weise erklärte, dass nach Auffassung des Auswärtigen Amtes die Reparationskommission kein Recht habe, die Vorlage dieses Vertrages zu verlangen.
Ich hob auch hervor, dass unter gegebenen Verhältnissen die sofortige Bereinigung der Verhandlungen über Änderung des Vertrages dringend wünschenswert erscheine, worauf mir geantwortet wurde, das Auswärtige Amt sei mit der Sache materiell nicht mehr befasst, weil diejenigen Punkte des Beckervertrages, welche die Beziehungen zur Schweiz betreffen, im Sinne der schweizerischen Vorschläge als geregelt gelten können; immerhin will von Simson neuerdings monieren.