dodis.ch/44465
Le Ministre de Suisse à
Berlin, A. von
Planta, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P.
Dinichert1
Ich nehme Bezug auf mein Schreiben vom 16.d.M.2 durch welches ich Ihnen die Mitteilung machte, dass der Staatskommissär für die öffentliche Ordnung mir geschrieben habe, es sei ihm in Zukunft nicht mehr möglich, die Geheimberichte über die politischen und polizeilichen Zustände an mich gelangen zu lassen. Ich habe daraufhin dem Staatskommissär geantwortet, dass ich die Verfügung wohl verstehen könne, aber nichtsdestoweniger bedauern müsse, weil diese Berichte in hohem Masse geeignet seien, mich als Vertreter eines benachbarten und neutralen Staates in kompetenter Weise über die innerpolitischen Zustände Deutschlands aufzuklären. Ich fügte bei, dass nach meiner persönlichen Ansicht auch die deutschen Behörden ein Interesse daran haben, dass die Aufklärung der Vertreter anderer Staaten über diese politischen Verhältnisse in richtiger Weise erfolge.
Auf diesen Brief hin hat mich der Staatskommissär persönlich besucht, um mir zu erklären, dass er durchaus keinen Anstand nehme, diese Geheimberichte an mich persönlich gelangen zu lassen, wenn ich mich verpflichten könne, von dieser Tatsache und von dem Inhalte der Berichte keine Mitteilungen zu machen an die diplomatischen Vertreter anderer Staaten in Berlin. Diese Bedingung wird von seiten des Staatskommissärs deshalb gestellt, weil er den anderen diplomatischen Vertretern gegenüber unbedingt an dem Standpunkte festhalten will, dass die Berichte nicht bekanntgegeben werden dürfen.
Angesichts der grossen Bedeutung, welche der Inhalt dieser Berichte für meine politische Information hat und in Anerkennung des wirklich sehr freundlichen Entgegenkommens, das der Herr Staatskommissär mir persönlich erweisen will, habe ich mich bereit erklärt, die Bedingung anzunehmen, sofern mir gestattet werde, in meinen politischen Berichten an den Bundesrat auf den Inhalt der Geheimberichte abzustellen. Der Herr Staatskommissär hat sich damit einverstanden erklärt, in der Voraussetzung, dass in Bern die Sache entsprechend vertraulich behandelt werde.
Ich werde in Zukunft, wenn ich diese Berichte wirklich erhalte und von dem Inhalte derselben in meinen politischen Berichten Gebrauch mache, jeweilen die Formel gebrauchen: «Aus bekannter Quelle erfahre ich». Diese Worte mögen den Lesern der politischen Berichte andeuten, dass es sich um einen Auszug aus dem Inhalte der Geheimberichte des Staatskommissärs für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung handle.