Classement thématique série 1848–1945:
I. LA SUISSE ET LA SOCIÉTÉ DES NATIONS
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 239
volume linkBern 1984
more… |La Suisse et la construction du multilatéralisme, vol. 2. Documents diplomatiques suisses sur l'histoire de la Société des Nations 1918–1946, vol. 14, doc. 15
volume linkBerne 2019
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1508#27* | |
Dossier title | Mission Huber et Ador à Paris et à Londres (1920–1920) | |
File reference archive | B.56.41.01.10.7 |
dodis.ch/44450 Der Rechtsberater des Politischen Departements, M. Huber, an den Bundespräsidenten, G. Motta1
Mit dem letzten und dem heutigen Kurier beehrten wir uns Ihnen eine chronologische Aufzeichnung der von uns hier unternommenen Schritte und eingezogenen Erkundigungen zugehen zu lassen2. Unter Bezugnahme auf diese Mitteilungen gestatten wir uns, Ihnen nachfolgend unsere Eindrücke zusammenfassend darzulegen und die für unser bisheriges Vorgehen massgebenden Absichten auseinander zu setzen.
Eine Reihe von Umständen erschwerten in ausserordentlicher, kaum voraussehbarer Weise die Erreichung des durch die Instruktionen3 des Bundesrates bezeichneten Verhandlungszieles:
Die durch den Wegfall der Candidatur Clémenceau veranlasste Regierungskrisis schaffte nicht nur gegenüber der französischen Regierung eine unsichere Situation, sondern ist auch die Hauptursache für die plötzliche Auflösung des Obersten Rates. Lloyd George war durch die Vorgänge der Präsidentenwahl so unangenehm berührt, dass er – wie uns Clémenceau am Montag vorausgesagt hatte – sofort mit dem Rücktritt Clémenceau’s Paris verliess.
Der Generalstreik in Italien bewog Nitti gleichzeitig nach Rom zurückzukehren. Mit der Auflösung des Obersten Rates und der bisherigen Friedenskonferenz sowie mit dem Rücktritt Clémenceaus war auch das Ausscheiden Dutasta’s als Generalsekretär der Konferenz gegeben.
Wegen der ersten Sitzung des Völkerbundsrates am 17. Januar war der Generalsekretär, Sir Eric Drummond, von London mit einem Teil der Abteilungschefs des Sekretariates nach Paris gekommen. Der Rechtskonsulent, van Hamel, war aber bereits wieder zurückgekehrt und Drummond verliess schon am Mittwoch Paris, so dass es ebenfalls schwierig war, mit den Völkerbundsorganen zu verkehren. Auch schien uns die Kohärenz zwischen einzelnen Abteilungen des Sekretariates keine so vollständige, wie sie uns für unsere Verhandlungen erwünscht gewesen wäre.
Wir müssen es indessen als einen günstigen Umstand betrachten, dass der Oberste Rat überhaupt noch bestand, als wir hier eintrafen, einerseits weil er allein authentisch den Sinn seiner Note vom 2. Januar4 auslegen konnte und sodann, weil er die Gelegenheit bot, dass die Hauptvertreter der im Rat repräsentierten Grossmächte sich selber zur Sache äussern konnten.
Wir stellen fest, dass, was die Form anbetrifft, die Haltung des Rates eine sehr entgegenkommende war. Trotzdem eine Reihe schwieriger und brennender Fragen vor Auflösung des Rates zu behandeln war, wurde Ihre Delegation sehr kurz nach Eröffnung eingeführt und von Clémenceau höflich begrüsst. Die Audienz dauerte etwa 40 Minuten, während welcher wir die volle Aufmerksamkeit des Rates beobachten konnten.
Mit Ausnahme von Berthelot, dem politischen Direktor des auswärtigen Ministeriums, haben alle Personen, mit denen wir gesprochen haben, eine entgegenkommende, z.T. eine direkt zustimmende Haltung eingenommen, ganz besonders der Generalsekretär Sir Eric Drummond, offenbar unter dem Einfluss der hinter ihm stehenden Juristen, sodann die italienische Delegation und endlich heute Abend noch Millerand, der die Ansicht äusserte, dass auch ohne Art. 435 die Schweiz sich auf Art. 21 mit ihrer Neutralität berufen könnte.
Die zustimmenden Erklärungen der meisten Persönlichkeiten, die wir gesehen haben, können uns keine genügende Beruhigung geben, weil man den Eindruck haben muss, dass sie sowohl von den Bestimmungen des Völkerbundsvertrages als noch mehr von den besondern Verhältnissen der schweizerischen Neutralität so wenig wissen, dass man von ihnen keine gefestigte, andern Einflüssen unzugängliche Ansicht in der Sache erwarten kann.
Aus diesem Grunde können wir auch nicht zu sehr auf die Ansichten der Mitglieder des Obersten Rates bauen, die nach den mündlichen Mitteilungen von Berthelot, Dutasta und Mantoux uns sehr günstig wären.
Mit Rücksicht auf den Umstand, dass vom Obersten Rat eine authentische Auslegung nicht erlangt werden konnte – eine Brüskierung eines solchen Entscheides wäre in Anbetracht der Unmöglichkeit genügender Vorbereitung mit einem nicht zu verantwortenden Risiko verbunden gewesen, – haben wir versucht festzustellen, ob nicht entweder eine vorläufige Kundgebung des Völkerbundes jetzt schon erlangt oder statt, bzw. neben einer solchen, individuelle Erklärungen der hauptsächlich in Betracht kommenden Völkerbundsstaaten beigebracht werden könnten.
Der einen und der andern Lösung stehen leider grosse Schwierigkeiten entgegen. Der erstern, weil das wieder in London befindliche Völkerbundssekretariat den Entscheid der im Rat vertretenen Staaten weder präjudizieren kann noch darf. Die zweite Lösung scheint kaum in nützlicher Frist eine Verwirklichung finden zu können, da die betreffenden Regierungen sich kaum leicht zu förmlichen Erklärungen herbeilassen werden, die von uns veröffentlicht werden könnten. Bis wir dies erreicht hätten, würde wohl auch der Zeitpunkt der Völkerbundstagung herangekommen sein.
In der Absicht, die Mächte auf ihre Geneigtheit zu einer Erklärung zu sondieren, haben die Besprechungen mit De Martino, Matsui, Millerand, den Botschaftern von Spanien und Belgien stattgefunden. Besprechungen mit den Vertretern von Grossbritannien und Brasilien sind in Aussicht genommen.
Wenn wir – wie wir seit dem Besuch bei Millerand einige Hoffnung haben – vom Obersten Rat eine einigermassen befriedigende Antwort erhalten, so kann man auf die wenig aussichtsreichen Bemühungen um individuelle Erklärungen einzelner Mächte verzichten.
Wir bedauern lebhaft, dass wir Ihnen noch keine bessern und bestimmteren Nachrichten geben können. Wir vermuten, dass unser langes Schweigen die öffentliche Meinung beunruhigt und der oppositionellen Presse zu scharfen Angriffen Vorwand bietet. Wir sind der Ansicht, dass, wenn der Bundesrat eine amtliche oder nicht amtliche Mitteilung im gegenwärtigen Zeitpunkt für opportun erachtet, diese etwa in der Form erfolgen könnte, wie wir sie in der Beilage redigiert haben5.
Wir gehen dabei von der Auffassung aus, dass eine ungeschminkte Darstellung der nicht sehr erfreulichen, aber keineswegs aussichtslosen Lage dem Volk am ehesten Vertrauen einflösst und dass vor allem vermieden werden muss, dass eine auf blosse mündliche Zusicherungen sich stützende optimistischere Auffassung nachträglich wieder sich getäuscht sehen muss.
Hätten wir die Gewissheit, dass wir morgen eine Antwort des Obersten Rates erhielten, so wäre es vorzuziehen, vorläufig nichts mitzuteilen, doch ist der Zeitpunkt, wo wir Positives melden können, ungewiss.
Sofern keine unerwarteten Umstände eintreten oder gegenteilige Weisung von Ihnen kommt, beabsichtigen wir, Montagabend zurückzureisen, umsomehr als anzunehmen ist, dass erst anlässlich der Völkerbundssitzung in London weitere Verhandlungen mit Erfolg aufgenommen werden können6.
- 1
- Schreiben (Abschrift): CH-BAR#E2001B#1000/1508#27* (B.56.41.01.10.7), DDS, Bd. 7-II, Dok. 239, dodis.ch/44450.↩
- 2
- DDS, Bd. 7-II, Dok. 236, dodis.ch/44447 sowie Dok. 238, dodis.ch/44449.↩
- 3
- DDS, Bd. 7-II, Dok. 231, dodis.ch/44442.↩
- 4
- DDS, Bd. 7-II, Dok. 211, dodis.ch/44422.↩
- 5
- In einem Pressekommuniqué vom 28. Januar 1920, dodis.ch/54138, informierte das Politische Departement: La mission composée de M. Gustave Ador, ancien Président de la Confédération, et de M. le professeur Max Huber, jurisconsulte du Département politique, que le Conseil fédéral avait décidé d’envoyer à Paris pour y développer, devant les instances compétentes, les points de vue indiqués dans le mémorandum du 13 janvier, fut convoquée, le 20 courant, devant le Conseil suprême des Puissances alliées et associées, présidé par M. Georges Clemenceau. M. Ador put y exposer en détail, au nom de la mission, conformément aux instructions précises que celle-ci avait reçues du Conseil fédéral, aussi bien les questions qui se rapportent à la neutralité perpétuelle de la Suisse que les questions relatives au délai indispensable pour organiser le scrutin populaire concernant l’adhésion de la Suisse à la Société des Nations. Comme il résulte de la teneur du mémorandum du 13 janvier et des instructions données aux délégués par le Conseil fédéral, la tâche de ceux-ci était d’obtenir des déclarations écrites ou du Conseil suprême ou du Conseil de la Société des Nations. Le Conseil suprême, qui se trouvait à la veille de se dissoudre et de faire place à une Conférence des Ambassadeurs des Puissances alliées et associées, ne put donner une réponse immédiate aux demandes des délégués suisses. Ceux-ci profitèrent de leur séjour à Paris pour se mettre en rapport avec plusieurs personnalités faisant partie du Conseil et du Secrétariat général de la Société des Nations ou s’occupant autrement des questions qui intéressent notre pays. L’accueil fait aux déclarations de nos délégués fait espérer que la situation particulière de la Suisse a été comprise et que les demandes du Conseil fédéral obtiendront satisfaction. Le 26 courant, M. Millerand, Président du nouveau Ministère français et Président de la Conférence de la Paix, a adressé aux délégués suisses, par l’intermédiaire de notre Légation à Paris, la note qui nous a été transmise télégraphiquement dans la journée de hier, et dont nous donnons ci-après la teneur littérale: Vous avez bien voulu exposer devant le Conseil suprême à la date du 21 janvier le point de vue du Gouvernement suisse, en ce qui concerne la compatibilité de la neutralité perpétuelle de la Confédération avec son entrée dans la Société des Nations. Le Conseil suprême, tout en reconnaissant à l’unanimité de ses membres présents qui comptaient parmi eux les chefs des trois gouvernements britannique, français et italien, que les Puissances alliées et associées sont et demeurent liées, en ce qui concerne la neutralité perpétuelle de la Suisse, par l’article 435 du Traité de Versailles, a estimé dans sa dernière séance qu’il appartenait au Conseil de la Société des Nations de se prononcer sur les observations présentées par votre Gouvernement. Il résulte de cette note que les questions posées par le Conseil fédéral ne pourront recevoir leur réponse définitive que par le Conseil de la Société des Nations. Celui-ci est convoqué vers la fin de la première quinzaine de février à Londres. Le Conseil fédéral, qui considère les questions touchant à la neutralité de la Suisse comme des questions vitales, continue à y vouer l’attention la plus vigilante et prendra les dispositions pour que les raisons de la Suisse soient de nouveau expliquées et soutenues d’une manière efficace devant le Conseil de la Société des Nations.↩
- 6
- Handschriftliche Annotation von G. Ador: Nous sommes très affligés de la démission de M. Calonder.↩
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Neutrality policy Questions concerning the Accession to International Organizations