Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.6 FRANCE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 80
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7350#1000/1104#63* | |
Old classification | CH-BAR E 7350(-)1000/1104 30 | |
Dossier title | Eidg. Politisches Departement (1914–1918) | |
File reference archive | 4.1. |
dodis.ch/44291 Le Chef de la Section juridique de la Division des Affaires étrangères du Département politique, O. Pinösch, au Chef du Département de l'Économie publique, E. Schulthess1
Unsere Gesandtschaft in Paris bemüht sich seit längerem darum, dass auf Grund des französisch-schweizerischen Niederlassungsvertrages unsere Landsleute, welche durch die kriegerischen Ereignisse in Frankreich Kriegsschäden erlitten haben, hinsichtlich Ausrichtung von Entschädigungen den französischen Staatsangehörigen gleichgestellt werden und an den von der französischen Gesetzgebung vorgesehenen Ersatzleistungen teilnehmen können.2
Leider ist unser Verlangen von der französischen Regierung bisher ungünstig aufgenommen worden. Auch der Hinweis auf die sehr beträchtlichen finanziellen Leistungen, welche die Schweiz im Interesse Angehöriger von kriegführenden Staaten auf sich genommen hat, – nach den uns vom Ernährungsamt, den Bundesbahnen und der Oberpostdirektion gemachten Angaben belaufen sich die zugunsten von Ausländern von Bund, Kantonen und Gemeinden übernommenen Leistungen für Abgabe von verbilligten Lebensmitteln auf etwa 91/4 Mill. Fr., an Auslagen für den Reisendenverkehr, Gepäcktransport, Warensendungen, Postsendungen für Kriegsgefangene auf über 75 Mill. Fr. – konnte die Haltung der französischen Regierung nicht beeinflussen. Im Gegensatz zu unserer Auffassung besteht die französische Regierung darauf, dass ein Anspruch auf Entschädigungen nur ihren eigenen Staatsangehörigen zustehe und dass gemäss Art. 3 der französischen «Loi sur la réparation des dommages causés par les faits de la guerre» vom 17. April 1919 auch mit der Schweiz ein besonderer Vertrag abgeschlossen werden müsse, worin die Bedingungen festzustellen wären, unter denen Schweizer zu den Kriegsentschädigungen zugelassen würden. Insbesondere das französische Finanzministerium ist in dieser Hinsicht ausserordentlich hartnäckig und will nur dann auf eine Diskussion über die unsern Landsleuten zu gewährenden Kriegsentschädigungen eintreten, wenn die Schweiz eine Gegenleistung anbietet.
Auf die Anfrage des Herrn Minister Dunant, worin eine derartige Gegenleistung bestehen könnte, sind ihm von Herrn Herbette, directeur des affaires administratives, im Laufe der Konversation folgende Anspielungen gemacht worden:
1. Zulassung französischer Werte zur Kotierung an Schweiz. Börsen,
2. Gewährung einer Anleihe,
3. Gewährung eines Vorzugspreises bei den diesen Herbst von Frankreich beabsichtigten Vieheinkäufen.
Obwohl wir nach wie vor der Ansicht sind, dass aus Rechts- und Billigkeitsgründen unsern in Betracht kommenden Landsleuten, welche durch die Kriegsereignisse in derselben Weise gelitten haben wie französische Staatsangehörige, und welche in jeder Hinsicht als wirtschaftlich solidarisch mit den Franzosen zu erachten sind, ein Anspruch auf Kriegsentschädigungen eingeräumt werden sollte, ohne eine Gegenleistung von der Schweiz zu verlangen, muss angesichts der ablehnenden Haltung der französischen Regierung doch die Frage untersucht werden, ob und welche allfällige Gegenleistungen die Schweiz Frankreich im Notfälle anbieten könnte.
Wir beehren uns daher, Sie zu bitten, diese Frage prüfen und uns Ihre Meinung bekanntgeben zu wollen.3 Eine gleiche Anfrage richten wir an das Finanzdepartement.
Was die Festsetzung der Preise bei dem vorgesehenen Viehverkauf an Frankreich betrifft,4 so muss jedenfalls bei den diesbezüglichen Verhandlungen die Zulassung unserer Landsleute zu den französischen Kriegsentschädigungen berücksichtigt werden.
- 1
- Lettre: EVD Zentrale 1914-18/29-30151/b. Ersatz für Kriegsschäden. Paraphe: KW.↩
- 2
- Cf. E2200 Paris 1/1548.↩
- 3
- Par lettre du 19 septembre, le Conseiller fédéral Schulthess a répondu: [...] Was die Punkte 1 und 2 anbelangt, so möchten wir, ohne der Stellungnahme des Finanzdepartements resp. der Nationalbank irgendwie vorgreifen zu wollen, doch jetzt schon unsere grossen Bedenken äussern, dass diesen französischen Wünschen nachgekommen werden könnte. Namentlich die Gewährung einer Anleihe könnte wohl schwerlich in Frage kommen, da unser Finanzmarkt bekanntlich sehr belastet ist und überdies unausweichlich Konsequenzen mit Bezug auf andere Länder zu gewärtigen wären [...] ( EVD KW Zentrale 1914–1918/29–30).↩
- 4
- A ce sujet, le Directeur de l’Office fédéral de l’Alimentation, J. K'àppeli, a pris position dans une lettre à Schulthess du 16 septembre: l-l Der Viehlieferungsvertrag betreffend den Export von ca. 5000 Stück Zucht- und Nutzvieh nach Frankreich wurde im Mai dieses Jahres zwischen der Kommission schweizerischer Viehzuchtverbände einerseits und den französischen Delegierten andererseits unter Mitwirkung des Volkswirtschaftsdepartements, Herrn Heers, abgeschlossen. Die bei der Abwicklung dieses Geschäftes und seither gemachten Erfahrungen sind Ihnen hinlänglich bekannt. Das Vieh wurde zu den damals im Inlande geltenden Preisen aufgekauft und ohne jeden Gewinn seitens der Kommission schweizerischer Viehzuchtverbände den französischen Delegierten abgegeben, bezw. der erzielte Gewinn ist Frankreich bis auf den letzten Rappen zur Verfügung gestellt worden. Die Lieferungsbedingungen des Viehes sind in dem seinerzeit getroffenen Wirtschaftsabkommen vereinbart worden. Eine Abgabe des Viehes unter den Selbstkosten bezw. unter den Inlandspreisen würde Verluste bedingen, die unter gegebenen Verhältnissen nur der Bund tragen könnte. Die Eidgenossenschaft wird jedoch die Übernahme solcher Verluste ablehnen müssen. [...] ( EVD KW Zentrale 1914–1918/29–30).↩
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