Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-I, doc. 245
volume linkBern 1979
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1501#3114* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 84 | |
Dossier title | Ligue de Nations, Prof. Rappard, geheimer Rapport (1919–1919) | |
File reference archive | B.56.41.7 |
dodis.ch/43990
Herr Bundesrat Calonder lässt Herrn Minister Dunant und Herrn Prof. Rappard persönlich folgendes mitteilen:
Über die Völkerbundsfrage habe ich vorläufig folgende persönliche Auffassung:
1. Für die hohe Idee des Völkerbundes hegt der Bundesrat die wärmste Sympathie. Er würde eine weitgehende Berücksichtigung durch die Alliierten des Entwurfes seiner Experten-Kommission über den Völkerbunds vertrag und die Statuten sehr begrüssen. Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, dass unsere militärische Neutralität, falls die Schweiz in den Völkerbund eintreten würde, beibehalten werden müsse.
2. In offizieller Weise und zu wiederholten Malen hat der Bundesrat verlangt, zu den den Völkerbund betreffenden Verhandlungen zugelassen zu werden, erhielt aber bis zur Stunde noch keine offizielle Antwort.
3. Colonel House teilte unserem Gesandten in Paris mit, er sei von der Kommission der Alliierten für den Völkerbund beauftragt worden, den Bundesrat einzuladen, an einer am 20. dies stattfindenden privaten und durchaus inoffiziellen Konferenz teilzunehmen.
4. Unterdessen wurden Herrn Colonel House durch Minister Stovall und Lord Cecil durch Prof. Rappard die Abänderungswünsche zum Entwurf der Alliierten übermittelt.2
5. Für den Fall einer offiziellen Konferenz hatte ich eine Delegation in Aussicht genommen, die sich aus folgenden Herren zusammensetzt: Bundespräsident Ador, Bundesrat Calonder, Prof. Huber, Prof. Rappard und Nationalrat Alfred Frey, gegebenenfalls auch Prof. Laur. Darüber, ob an einer nicht offiziellen Konferenz die Mitglieder des Bundesrates teilnehmen können, bin ich momentan noch im Zweifel. Falls diese Frage vom Bundesrat verneint werden sollte, würden jedenfalls die Herren Professoren Rappard, Huber und Frey abgeordnet. Meiner Ansicht nach sollte auch Minister Dunant, gegebenenfalls als Chef der Mission, dabei sein. Damit Herr Bundespräsident Ador seinen grossen persönlichen Einfluss freier und mit grösserer Wirkung geltend machen könnte, würde ich persönlich vorziehen, lieber nicht nach Paris zu kommen. Es läge sowieso im Landesinteresse, nur Präsident Ador abzuordnen, wenn in den massgebenden Kreisen gegen meine Person Antipathien oder geringe Sympathien herrschen.
6. Falls der Delegation Bundesrats-Mitglieder angehören, ist der Bundesrat durch ihre Vorschläge und Erklärungen tatsächlich gebunden. Den Alliierten muss jedoch durch die Delegation unter allen Umständen erklärt werden, dass in dieser hochwichtigen Frage die Bundesversammlung das letzte Wort hat, und dass es möglich sei, dass dem Volke der Entscheid über den Beitritt zum Völkerbund unterbreitet werde.
7. Ich bitte Sie, sämtliche diese meine vorläufigen Bemerkungen und Feststellungen, speziell im Hinblick auf meine Persönlichkeit, gewissenhaft und eingehend zu prüfen und mir über Ihre Auffassungen telegraphisch Bericht zu erstatten.
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