Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-I, doc. 173
volume linkBern 1979
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E7350#1000/1104#4* | |
Dossier title | Frankreich (1914–1918) | |
File reference archive | 1 |
dodis.ch/43918 Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Délégué du Conseil fédéral pour les Questions économiques et industrielles, H. Heer1
Wir erhielten Ihren Bericht vom 3. Februar mit dem Protokoll2 über die bereits stattgefundenen Verhandlungen und beehren uns, Ihnen in der Folge die gewünschten Instruktionen zu geben:
1) Mit einer Verlängerung des Kredites von 37½ Millionen Franken bis Ende Dezember, mit der gewünschten früheren Rückzahlungsmöglichkeit, sind wir einverstanden. Die Höhe der Kommission, sowie die weitere Frage, ob auf die Sicherheiten verzichtet werden kann, ist von den Banken zu entscheiden, da diese das Geld vorgeschossen haben. In dieser Beziehung werden Verhandlungen angeknüpft; eine definitive Antwort kann Ihnen gerade jetzt noch nicht gegeben werden.
2) Die feste Übernahme von 132-140 Millionen Schweizer-Werttiteln bietet, wie uns Herr von Haller mitteilt, erhebliche Schwierigkeiten; vor allem aus müsste man wissen, um was für Schweizertitel es sich handelt. In Betracht können natürlich nur erstklassige, an der Schweizerbörse kotierte Wertschriften fallen. Man fürchtet nun hier, dass Frankreich grössere Posten von heute fast unverkäuflichen Titeln besitzt, so namentlich von dem sog. «Emprunt différé», sowie der 3%igen Rente, dessen Verkauf hier ohne ganz gewaltige Kurseinbussen nicht möglich ist. Es müsste also vor allem aus eine Liste der Titel, oder wenigstens eine möglichst genaue Angabe darüber gegeben werden, sodann würde natürlich, insofern es sich überhaupt um eine feste Übernahme handeln könnte, je nach der Natur des Titels eine bedeutende Marge gegenüber den heutigen Kursen nötig sein. Niemand weiss auch, wie sich die Kurse der nächsten 10 Monate gestalten. Telegraphieren Sie uns also so rasch wie möglich Angaben über die Natur der Titel, damit man sich sofort mit den Banken ins Benehmen setzen kann. Die Sache wird nicht leicht sein. Wenn wir Ihre Mitteilungen, die Sie uns noch in Bern machten, richtig verstanden haben, so würde es sich um die sukzessive Übernahme der Titel handeln, so dass also jeden Monat ungefähr ein Zehntel des Betrages zur Auszahlung zu gelangen hätte.
3) Was den weitern Kredit von 30-50 Millionen betrifft, so fürchten wir, dass dessen Einräumung ein gleiches Begehren Englands zur Folge hätte. Ist dies der Fall und kann eine Sicherheit im gegenteiligen Sinne nicht erreicht werden, so ist die Möglichkeit einer solchen Kreditgebung zum vornherein ausgeschlossen.
Wird es aber notwendig, einen solchen evtl. Kredit für Frankreich ins Auge zu fassen, so möchte Herr von Haller womöglich die Nationalbank selbst nicht engagieren und er würde es vorziehen, dass Frankreich den noch unbenützten Teil des Kredites von ca. 40 Millionen bei der Finanzgesellschaft in Luzern in Anspruch nähme. Wir denken, dass es für Frankreich gleichgültig ist, welche Form gefunden wird; die Hauptsache ist, dass es seinen Kredit evtl. benutzen kann. Von vornherein aber gehen wir mit Ihnen einig, dass natürlich nicht nur für den Fall der Benutzung dieses ausserordentlichen Kredites, sondern auch für den Fall der blossen Zusicherung entsprechende Einfuhrmöglichkeiten für unsere Luxusindustrie in Frankreich geschaffen werden müssen. Wir werden die ganze Finanzangelegenheit sofort behandeln lassen und die Banken auf nächsten Dienstag einberufen, wenn Sie uns morgen Freitag nichts Gegenteiliges berichten. Die Sitzung hat natürlich nur dann eine Bedeutung, wenn die nötigen Angaben (Titelliste) vorliegen.
Mit den Konditionen betr. Kohle sind wir einverstanden.
Zum Résumé des Protokolles der 1. Sitzung bemerken wir noch: 1) Kredite erledigt. 2) Kohle. Ein variabler Kohlenpreis, der von 3 zu 3 Monaten festgesetzt wird, hat natürlich wegen des Inlandpreises bedeutende Inkonvenienzen, speziell dann, wenn man den Kohlenhandel den bisherigen Importeuren überlässt. Immerhin wird es ja furchtbar schwer sein, etwas Anderes zu erreichen. Etwas eigentümlich berührt es nun auf einmal, dass Frankreich mittelst des Kohlenpreises nach bekanntem, früher von ihm sehr verurteiltem Beispiel seine Handelsbilanz nun ins Gleichgewicht bringen will!
Gegenüber der Bemerkung in Absatz 3 ist immerhin zu sagen, dass Frankreich die Übernahme von 140 Millionen Titel verlangt, was einem Anleihen unter heutigen Verhältnissen verzweifelt ähnlich sieht. 4) Blocus. Hierüber folgt ein besonderer Brief. Wir betonen, dass speziell unerklärlich die Tatsache ist, dass durch den Blocus wir gehindert werden sollen, Waren in den Zentralmächten zu verkaufen, die von den Alliierten in notorischer Weise dort angeboten werden. Wir legen darauf grösstes Gewicht und überlassen es Ihnen, ob Sie mit Herrn Dunant eine Note redigieren wollen, die überreicht werden soll, oder [ob Sie] die Frage in Verhandlungen zur Sprache bringen. Auch bitten wir Sie, nach Rückkehr von Herrn Prof. Rappard, sei es durch ihn, sei es mit ihm, an die Amerikaner zu gelangen, evtl. durch Rappard auch an Colonel House, um diesen auf die ganzen Unannehmlichkeiten eines solchen Verfahrens aufmerksam zu machen. Es wäre nun Zeit, dass mit diesen Blockadebestimmungen überhaupt und gründlich aufgeräumt wird. Wir haben das Kaufmännische Direktorium in St. Gallen ersucht, uns Vorschläge einer Delegation zu machen, die auf Ihren Wunsch nächste Woche nach Paris reisen wird.
5) Holz: Nichts beizufügen.
P. S. Die zu Ziffer 1 verlangten Konzessionen können nach Ansicht von Herrn Haller und nach meiner Ansicht erreicht werden.
Zu 2: Bei den Angaben über die Natur der Titel sollten auch Angaben über die Qualität figurieren, die von den einzelnen Kategorien zu übernehmen wären.
Wir telegraphieren so rasch wie möglich und bedauern, dass wir über die Finanzfrage nicht endgültigen Bericht geben können.