Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-I, doc. 162
volume linkBern 1979
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2020#1000/130#1090* | |
Old classification | CH-BAR E 2020(-)1000/130 90 | |
Dossier title | Friedensnote und Waffenstillstandsvertrag (O.F.37) (1918–1919) | |
File reference archive | 113.2 |
dodis.ch/43907
Im Verfolge der hieramtlichen Note vom 20. Jänner l.J. No. 27 pol gestattet sich der ergebenst gefertigte bevollm. Vertreter des deutschösterreichischen Staates, einem Auftrag des Staatssekretärs für Äusseres entsprechend, nochmals darauf zurückzukommen, dass es, wie der ergebenst Unterzeichnete in seiner an den Herrn Bundespräsidenten unterm 24. Dezember. v.J. No.48/pol gerichteten Note auszuführen die Ehre hatte, der deutschösterreichischen Regierung nicht darum zu tun ist, eine direkte Verbindung der Entente-Regierungen mit den Vertretungen der alten österr.-ungar. Monarchie, sondern mit der deutschösterreichischen Republik herzustellen.
Zur Begründung dieses Petits erlaubt sich der ergebenst Unterzeichnete, über erhaltenen Auftrag, dem Politischen Departement die folgenden Argumente darzulegen:
Der Kriegszustand, in dem sich die ehemalige österr.-ungar. Monarchie befunden hatte, ist ebensowenig auf Deutschösterreich übergegangen, wie auf den tschecho-slovakischen oder einen ändern der auf dem Boden Österreich-Ungarns entstandenen Nationalstaaten. Alle diese Staaten haben nur ein Band, das sie unter einander verbindet: Rechte und Pflichten vermögensrechtlicher Natur. Aus der Tatsache, dass alle diese Staaten auf dem Gebiete des bisherigen Staatswesens entstanden sind, ergibt sich jedoch keineswegs, dass sie in völkerrechtlicher Hinsicht gegenüber dritten Mächten dieselbe Stellung einnehmen, wie die frühere österr.-ungar. Monarchie und deren Rechtsnachfolger im Kriegszustände wären. Noch weniger gilt die Behauptung, dass etwa die völkerrechtliche Stellung eines dieser neuen Staatengebilde im Gegensatz zu einem oder mehreren anderen mit der des ehemaligen Staatswesens identisch sei. Deutschösterreich beansprucht daher die Stellung einer befreundeten Macht gegenüber allen Staaten der Erde, einer neutralen Macht gegenüber den kriegführenden.
Mit Rücksicht auf das eben gesagte scheint es im Widerspruch mit den Anforderungen an Recht und Freiheit sowie mit den Grundsätzen des Völkerrechts zu stehen, sollte der direkte Verkehr des deutschösterreichischen Staates mit ändern Nationen weiter behindert werden. Wie Deutschösterreich seine Grenzen allen Völkern und ihren Vertretern geöffnet hat, glaubt es seinerseits erwarten zu können, dass es ihm ermöglicht werde, seine Wünsche und Bedürfnisse durch seine Vertreter bei den Vereinigten Staaten von Amerika und der Entente zur Geltung zu bringen.
Deutschösterreichischen Kommissionen, die direkten Zutritt zu den Regierungen der eben genannten Mächte hätten, wäre überdies die Möglichkeit geboten, hinsichtlich von Streitfragen territorialer Natur ihre bezüglichen Erklärungen gegenüber den Behauptungen der Tschecho-Slovaken und Yugoslaven abzugeben, eine Vorgangsweise, die doch nur dem alten Rechtssatz des audiatur et altera pars entsprechen würde.
Im übrigen hat die englische Regierung in der Angelegenheit der Entsendung einer deutschösterreichischen Kommission zu den Regierungen der Alliierten im Wege der schwedischen Regierung der deutschösterreichischen Regierung mitteilen lassen, dass jene Frage, da sie unmittelbar von der Friedenskonferenz in Paris werde entschieden werden, zum Gegenstand einer Demarche bei der französischen Regierung gemacht werden solle.
Einem Auftrag des Herrn Staatssekretärs für Äusseres nachkommend, beehrt sich daher der ergebenst Gefertigte nochmals und zwar im Hinblicke auf die Stellungnahme der englischen Regierung, ferner gestützt auf die in dieser Note niedergelegten Argumente und schliesslich auf Grund der mit der hieramtlichen Note vom 30. Jänner l.J.No. 33/pol dem Politischen Departement übermittelten, auf die ethnographischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des bisherigen Österreich bezughabenden Abhandlungen, das Politische Departement zu bitten, bei der französischen Regierung auf das in Rede stehende Petit der deutschösterreichischen Regierung zurückzukommen.
- 1
- Note: E 2020/90.↩