Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-I, doc. 88
volume linkBern 1979
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11362* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 03.01.-09.01.1919 (1919–1919) |
dodis.ch/43833 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 7 janvier 19191
23. Schiffahrt Langensee-Po-Adria
Procès-verbal de la séance du 7 janvier 19191
Mit Schreiben vom 18. Oktober 1918 ersucht der Staatsrat des Kantons Tessin, der Bundesrat möge mit möglichster Beschleunigung in Unterhandlungen mit der italienischen Regierung eintreten, zwecks Studiums eines Projektes zur Verbindung des Langensees mit dem von italienischer Seite beschlossenen Schiffahrtsweg Mailand-Venedig; der tessinische Staatsrat bittet ferner um Prüfung der Frage der Errichtung eines Freihafens in Locarno-Mappo. Er weist auf die grosse Wichtigkeit des Anschlusses unseres Landes an die Po-Adria-Wasserstrasse hin, und glaubt, jetzt sei der günstige Zeitpunkt für den Beginn der diplomatischen Unterhandlungen gekommen.Das Departement des Innern, in dessen Geschäftskreis die Binnenschiffahrt gehört, hat diese Verbindung des Langensees mit Mailand schon seit längerer Zeit ins Auge gefasst. Die von diesem Departement bestellte Schiffahrtsexpertenkommission (Präsident: Nationalrat Gelpke, Mitglieder: Oberingenieur Lüchinger, Ingenieur Autran und Ingenieur Rusca) hat in einem Gutachten vom 15. Oktober 1918 den Bau eines Hafens in Locarno und die Erstellung eines Schiffahrtskanals Magadino-Biasca als Teil eines internen schweizerischen Wasserstrassennetzes empfohlen. Voraussetzung für die Existenzberechtigung dieser Anlagen ist natürlich die grossschiffbare Verbindung Langensee-Mailand-Venedig. Die obgenannte Kommission, sowie die Abteilung für Wasserwirtschaft betrachten daher ebenfalls die baldige Anhandnahme von Verhandlungen mit Italien als notwendig. Am 13. November 1918 ging beim Bundespräsidenten ein Schreiben der schweizerischen Gesandtschaft in Rom ein, in welchem mitgeteilt wird, dass, parallel zu den Schiffahrtsbestrebungen in Italien, auch eine lebhafte Propaganda für eine Durchbohrung des Splügens getrieben werde. Der schweizerische Minister in Rom weist darauf hin, dass Verhandlungen über eine Splügenbahn mit Italien jetzt nicht opportun wären, da die Italiener zu grosse Forderungen stellen würden.Das Departement des Innern ist der Ansicht, dass die Frage eines neuen Alpentunnels nicht mit den aktuellen Schiffahrtsfragen verquickt werden soll, und zwar aus folgenden Gründen:
a) Die beste und kürzeste, gebrochene Transit-Wasserstrasse Italien-Langensee-Reuss-Rheingebiet lässt sich mit der bestehenden, nur 90 km langen Gotthardbahnstrecke Biasca-Erstfeld erreichen. Eine Splügen- oder Greinabahn, wenn sie in Verbindung mit Schiffahrtswegen gebracht werden sollen, ergeben für die Verkehrsrichtung Italien-Rheingebiet viel längere Schienenwege und ausserdem grosse verlorene Längen auf dem Wasserwege via Bodensee.
b) Es liegt im grössten Interesse der Schweiz, ihre Anstrengungen nicht zu zersplittern, sondern auf die möglichst baldige Realisierung eines schiffbaren Zuganges von der Adria über den Po zu konzentrieren. Sobald die Frage des Ostalpendurchstiches gemeinsam mit dem schiffbaren südlichen Zugang zur Schweiz gelöst werden soll, ist die Gefahr vorhanden, dass Italien den Anschluss des Comersees demjenigen des Langensees vorzieht. Eine solche Lösung liegt aber nicht im allgemeinen schweizerischen Landesinteresse. Wird aber die Ostalpenbahnfrage erst entschieden, wenn der Anschluss des Langensees an den Po durchgeführt ist, so kann die Schweiz je nach den Umständen sich immer noch für Splügen oder Greina entscheiden, indem die Frage dann eine rein eisenbahnpolitische ist. Gleich wie sich der Bau der Gotthardlinie als ersten schweizerischen Alpendurchstichs wirtschaftlich glänzend gerechtfertigt hat, sollte die erste süd-nördliche Transitwasserstrasse ebenfalls nach dem Zentrum des Landes tendieren.
Das Departement des Innern stellt nunmehr an den Bundesrat folgende Anträge:
1. Er wolle dem tessinischen Staatsrat nachfolgende Antwort auf sein Schreiben vom 18. Oktober 1918 zugehen lassen:
«Fedeli e cari Confederati,
In risposta alia vostra lettera del 18 ottobre 1918 ci pregiamo comunicarvi quanto segue:
Il Dipartimento federale dell’Interno nelle cui competenze rientrano le questioni relative alla navigazione interna, giä da qualche tempo ha seguito con vivo intéresse gli sforzi che si fanno in Italia per attuare i progetti del Po e degli Appennini e si è sempre fatto tenere al corrente dal ministro svizzero a Roma.
In questi ultimi anni parve che in Italia la corrente politica non fosse molto favorevole all’idea di uno sviluppo delle linee d’accesso per il commercio internazionale verso il nord; si badava invece soprattutto a migliorare le comunicazioni interne.
Dal canto nostro siamo pure convinti della grande importanza che dal punto di vista deireconomia nazionale avrebbe il collegamento della Svizzera méridionale colla linea di navigazione del Po e col mare. Alla prossima occasione, cioè non appena lo permetteranno gli avvenimenti politici, ci rivolgeremo al Governo italiano nella forma ehe ci parrà più opportuna. Crediamo di potervi assicurare ehe faremo ogni sforzo per tutelare gl’interessi della Svizzera méridionale e di tutto il paese.
Profittiamo dell’occasione per raccomandarvi, fedeli e cari Confederati, con noi alla protezione divina.
Consiglio federale.»
2. Der Bundesrat wolle das politische Departement beauftragen, im richtigen und ihm günstig erscheinenden Zeitpunkt an die italienische Regierung betreffend den Kanalbau Langensee-Mailand heranzutreten, und mit dem Departement des Innern in Fühlung zu bleiben zwecks Studiums und Vorbereitung eines Staatsvertrages.
3. Er wolle das Studium der Frage eines Freihafens in Locarno dem Zolldepartement überweisen.
4. Er wolle durch das politische Departement der schweizerischen Gesandtschaft in Rom Kenntnis geben von der Antwort an den tessinischen Staatsrat.
Die Anträge des Departements des Innern werden zum Beschlüsse erhoben.
Herr Bundesrat Calonder gibt folgende persönliche Erklärung zu Protokoll:
«Die Schiffahrtsverbindung zwischen dem Langensee und der Adria über den Po ist ganz unabhängig vom Projekt der gesetzlich versprochenen Ostalpenbahn anzustreben. Demgemäss ist auch die Frage des Zeitpunktes der Erstellung der Ostalpenbahn ganz unabhängig von der Schiffahrt Adria-Langensee zu beurteilen.»
- 1
- H 1004 1/270.↩