Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 459
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1005#1000/17#5* | |
Dossier title | Protokolle des Bundesrates, Geheimprotokolle (Minuten und Originale) 1918 (1918–1918) | |
File reference archive | 4.5 |
dodis.ch/43734
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 2 novembre 19181
Bolschewiki in der Schweiz
Procès-verbal de la séance du 2 novembre 19181
Der französische Gesandte hat sich in der ihm von Herrn Bundespräsidenten Calonder gewährten Audienz darüber beschwert, dass in der Schweiz die Vorkehren gegen die Bolschewiki nicht die nötige Strenge besitzen; es bestehe der Eindruck, die Behörden seien diesen Leuten gegenüber zu schüchtern und zu furchtsam. Die Bolschewiki hätten zu revolutionären Zwecken über 50 Millionen Franken in die Schweiz gebracht, sie hätten auf dem Beatenberg eine Konferenz abgehalten und bezwecken, von der Schweiz aus die Revolution zu inszenieren. Warum sei z.B. Frau Balabanowa hier?2Frankreich werde sich für den Fall, dass der Bolschewismus in der Schweiz sich weiterverbreite, genötigt sehen, die Grenze gegen die Schweiz durch einen Kordon abzusperren.
Herr Bundespräsident Calonder hat den französischen Gesandten beruhigt und ihm erklärt, der Bundesrat tue seine Pflicht, er könne aber nicht auf alle unsinnigen Gerüchte hin Massnahmen treffen.
Herr Bundespräsident Calonder teilt mit, dass der Sowjetmission erklärt worden sei, Frau Balabanowa und Salkind3 müssen die Schweiz verlassen. Das Politisehe Departement wird in Verbindung mit dem Justiz- und Polizeidepartement die nötigen Vorkehren treffen. Falls die Sowjetmission die Bolschewiki wirklich unterstützt, so muss mit ihr gebrochen und unsere Gesandtschaft in Russland zurückgerufen werden.
Herr Bundesrat Ador ist durch die ihm zukommenden Mitteilungen sehr beunruhigt; er verlangt strenge Massnahmen gegen die Russen an der Grenze und Ausweisung von Salkind und Frau Balabanowa und wünscht Aufklärung des Publikums durch ein «Mitgeteilt an die Presse». Herr Bundesrat Müller würde eine Publikation im jetzigen Momente für ganz verfehlt halten, zuerst müssen bestimmtere Tatsachen vorliegen, was bei Frau Balabanowa nicht der Fall ist; sie hat erklärt, einen Pass zu haben, der auf der Gesandtschaft deponiert sei. Die Ausweisung gegen sie und Salkind wird vorbereitet. Die kantonalen Polizeibehörden, speziell von Genf, Lausanne, Bern und Zürich, informieren die Bundesanwaltschaft gar nicht oder in ganz ungenügender Weise. Bis jetzt sind keine Beweise erbracht über ein Zusammenarbeiten der Sowjetmission mit den Bolschewiki.
Der Bundesrat fasst heute keine bestimmten Beschlüsse. Er beauftragt die Bundesanwaltschaft, bezüglich der Ausweisungen von Salkind und Frau Balabanowa möglichst rasch vorzugehen, und ersucht das Justiz- und Polizeidepartement, eine Aufklärung an das Publikum vorzubereiten. Die Bundesanwaltschaft wird auch die Frage prüfen, ob nicht das italienische Anarchistenblatt L’Avenire del Lavoratore in Zürich aufzuheben sei.
- 1
- E 1005 2/1.↩
- 2
- A. Balabanova était arrivée à Zurich le 17 octobre 1918 en mission officielle de la Croix-Rouge.↩
- 3
- J. Salkind est le Consul général des Soviets à Zurich depuis le 16 juin 1918.↩