Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 6, Dok. 331
volume linkBern 1981
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2300#1000/716#1175* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2300(-)1000/716 495 | |
Dossiertitel | Washington, Politische Berichte und Briefe, Militär- und Sozialberichte, Band 34 (1917–1917) | |
Aktenzeichen Archiv | 186 |
dodis.ch/43606
Seit Abgang unseres Berichtes vom 6. Juli2 betreffend Ausfuhrverbote ist die erwartete Proklamation des Präsidenten erschienen, was wir Ihnen am 9. Juli, mit Telegramm Nr. 63, zur Kenntnis gebracht haben. Ein Exemplar dieser vom 9. datierten Proklamation liegt zu Ihrer Orientierung hier bei3 (aus Official Bulletin, vom 9. Juli).
Wie bereits in unserem Telegramm bemerkt, ist die Ausfuhr gewisser Artikel vom 15. Juli an, und zwar nach allen Ländern, nur noch auf Grund einer besonderen Ausfuhrbewilligung gestattet. Diese Einschränkung bezieht sich vorläufig nur auf Kohle, Koks, Brennöl, Kerosine und Gasoline, einschliesslich Brennmaterial für Schiffe, Getreide und Mehl, Futtermittel für Vieh, Fleisch und Fette, Gusseisen, Stahl (billets), Schiffsplatten und Konstruktionsstahl, Eisen- und Stahlabfälle, Ferromanganese, Düngmittel, Waffen, Munition und Explosivstoffe. Weitere Proklamationen, wodurch die gleichen Bestimmungen auch auf andere Artikel ausgedehnt würden, werden in nächster Zeit erwartet.
Das Bureau of Foreign and Domestic Commerce, bei dem eine besondere Abteilung (Division of Export Licenses) eingerichtet worden ist, hat zu verschiedenen Malen bekannt gemacht, dass der ordentliche Geschäftsgang sowenig als möglich gestört und die Bewilligungen mit möglichster Promptheit (innerhalb drei Tagen) ausgestellt werden sollen. Im letzten Moment wurde, entgegen den früheren Absichten des Departementes, beschlossen, auch das New Yorker Bureau des Bureau of Foreign and Domestic Commerce zu ermächtigen, Ausfuhrbewilligungen auszustellen. Die Gesuche können auf besonderen amtlichen Formularen bei sämtlichen Filial-Bureaus des genannten Bureaus eingereicht werden. Nur in gewissen Fällen, oder wenn es sich um prinzipielle Fragen handelt, ist der Entscheid des Bureaus in Washington einzuholen.
Der Export Council setzt sich nun wie folgt zusammen: Vance McCormick (Leiter der letzten Wahlcampagne für Präsident Wilson) als Vertreter des Staatsdepartementes, Vorsitzender des Export Council.; Mr. Edward N. Hurley (Vizepräsident der Federal Trade Commission), Vertreter des Handelsdepartementes; Dr. Taylor, Vertreter des Landwirtschaftsdepartementes; Dr. White, Vertreter des Nahrungsmittelverwalters Hoover. Diese Kommission hält täglich Sitzungen ab, zur Beratung der zu befolgenden Politik und von prinzipiellen Fällen. Als Sekretär der Kommission ist nun Dr. E. E. Pratt, Chef des Bureau of Foreign and Domestic Commerce, bezeichnet worden.
In welcher Weise und wie weit die Ausfuhr nach den neutralen Ländern beschnitten werden soll, steht noch keineswegs fest. Ein neuer Beweis dafür, dass man uns keine unnötigen Schwierigkeiten aufzuerlegen gedenkt, erblicken wir darin, dass uns die Bewilligung für die Weizenladung des Dampfers «Carasa» anstandslos ausgestellt worden ist. Dieser Dampfer war am 11. Juli zur Aufnahme der Ladung bereit, und es war eine Möglichkeit vorhanden, den Dampfer noch vor dem 15. fahren zu lassen. Um jedoch nicht unter einem Vorwande aufgehalten zu werden oder mit dem Bezug der Kohlen Schwierigkeiten zu erhalten, haben wir am 9. dies, dem Staatsdepartement formell ein Gesuch für die Ausfuhrbewilligung eingereicht, obschon die Ladung nicht aus amerikanischem, sondern aus kanadischem Weizen besteht. Das Gesuch war bis gestern dem mit der Ausstellung der Bewilligungen betrauten Bureau noch nicht zugekommen, doch wurde der Permit gestern abend ohne weiteres ausgestellt.
Anlässlich der Überreichung dieses Gesuches erklärte der stellvertretende Staatssekretär, Mr. Polk, wörtlich: «Ich glaube nicht, dass Sie irgendwelche Schwierigkeiten haben werden» und wiederholte, dass man unsere Lage, und besonders die Notwendigkeit unseres Kompensationsverkehrs mit Deutschland, vollauf verstehe und würdige. Auch der Nahrungsmittel-Direktor Hoover äusserte sich in ähnlichem Sinne, gab jedoch dem Wunsche Ausdruck, dass wir angesichts der sich hier entwikkelnden kritischen Nahrungsmittelsituation mit weitern Ankäufen für Getreide bis nach Einbringen der neuen Ernte zuwarten. Dies werde im Laufe des Augusts der Fall sein. Zur Zeit sei die Lage hier wirklich bedeutend ernster, als allgemein angenommen werde. Die Mühlen seien zum grössten Teil geschlossen, und in New York seien z.B. nur für etwa 14 Tage Vorräte vorhanden. In den Zeitungen war anlässlich der Proklamation des Präsidenten die Rede davon, die Ausfuhr für Getreide während 60 Tagen ganz zu verhindern. In dieser Zeit könne man sich über die vorhandenen Vorräte, sowohl hier wie im Auslande, sowie über die genauen Bedürfnisse des eigenen Landes, der Alliierten und der Neutralen eingehend Rechenschaft ablegen und daraufhin eine angemessene Verteilung vornehmen. Herr Polk und Herr Hoover verneinten jedoch irgendwelche derartige Absichten.
Bei dieser Gelegenheit jedoch ersuchte uns Herr Hoover, ihm mitzuteilen, wieviel Getreide wir zur Zeit an gekauft, aber noch unver schifft in den Vereinigten Staaten liegen haben, wieviel Vorräte schwimmend und wieviel in der Schweiz vorhanden sind. Wir glauben, dass es sehr im Interesse der Sache liegt, wenn wir diese Angaben liefern. Verweigern wir dies, so wird man uns unverdienterweise verdächtigen, abgesehen davon, dass die gewünschten Angaben ohnehin durch andere Quellen leicht beschafft werden können.
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Wirtschafts- und Finanzverhandlungen mit den Alliierten (Erster Weltkrieg)