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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 102
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#10789* | |
Old classification | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 259 | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 05.03.-06.03.1915 (1915–1915) |
dodis.ch/43377 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 5 mars 19151 519. Munitionslieferungen nach Rumänien
Procès-verbal de la séance du 5 mars 19151
Schon seit einiger Zeit waren dem Politischen Departement Anhaltspunkte dafür gegeben worden, dass von einer Reihe schweizerischer Fabriken Munitionsbestandteile nach dem Auslande gesandt werden. Sie passierten als Messingstükke, Guss, schmiedeiserne Röhren, Schrauben, kurz unter allen möglichen harmlosen Benennungen. Eine auf Veranlassung des Politischen Departements vom Territorialdienst vorgenommene Untersuchung stellte die Tatsache der Fabrikation solcher Objekte in der Schweiz fest.
Zugleich ergab es sich, dass von allen im Kriege befindlichen Staaten, die an die Schweiz grenzen, sehr bedeutende Bestellungen von Munitionsbestandteilen oder zum Zwecke der Veredlung von Rohstoffen mit dem offenbaren Zwecke, im veredelten Zustand als Munitionsbestandteil verwendet zu werden, bei zahlreichen Firmen der Metall-Industrie gemacht worden waren. Unter diesen Verhältnissen hätte es sich nicht gerechtfertigt, der schweizerischen Industrie diese sehr bedeutende Verdienstquelle zu verschliessen und eine Gelegenheit für Beschäftigung zahlreicher Arbeitskräfte zu verpassen, dies um so weniger, als mit den Vertretern der verschiedenen Staaten ganz offen über diese Dinge gesprochen und von ihnen die Berechtigung des Standpunktes der Schweiz anerkannt wurde.
Dieser Tage wurde nun einer Anzahl schweizerischer Firmen, Gebrüder Sulzer in Winterthur, Oehler & Cie. in Aarau und Schweizerische Metallwerke in Dörnach, auch von einem zurzeit noch neutralen Staate eine Bestellung von Munition im grössten Stile in Aussicht gestellt.
Es handelt sich um die Erstellung von 650 Millionen Patronen, wovon 400 Millionen für Gewehre, 250 Millionen für Pistolen, für die rumänische Regierung. Die Patronen sind ohne Ladung zu liefern, also nur die Hülse, mit Zündkapsel und Zündstoff. Sämtliche Rohmaterialien werden geliefert, ebenso alle erforderlichen Werkzeugmaschinen, so dass die ausführenden Firmen nur die Lokale und die Arbeitskräfte zu stellen haben. Per Tag sind 500000 Patronen zu liefern, so dass die Ablieferung über 3lA Jahre in Anspruch nehmen wird. Mit der Ablieferung kann höchstens in 2-3 Monaten begonnen werden.
Der Gesamtfakturawert wird in allen Fällen erheblich über 100 Millionen Franken zu stehen kommen.
Bevor die schweizerischen Firmen mit der rumänischen Regierung in weitere Verhandlungen eintreten, wünschen sie darüber im klaren zu sein, dass der Bundesrat der Ausfuhr der Munition nach Rumänien keine Schwierigkeiten entgegenstellen werde.
Der Generalstab, dessen Ansicht eingeholt wurde, erhebt keine Einwendung gegen die Übernahme der Munitionslieferung an Rumänien seitens der Privatindustrie, wie er auch gegen die Beschäftigung der schweizerischen Industrie für Lieferung von Munitionsteilen nichts einzuwenden hat.
Völkerrechtlich ist die Sache liquidiert. Art. 7 der Haager Konvention über Rechte und Pflichten der Neutralen im Landkrieg bestimmt:
«Eine neutrale Macht ist nicht verpflichtet, die für Rechnung des einen oder des ändern Kriegführenden erfolgende Ausfuhr oder Durchfuhr von Waffen, Munition und überhaupt von allem, was für ein Heer oder eine Flotte nützlich sein kann, zu verhindern.»
Die in Art. 9 der gleichen Konvention vorgesehenen Beschränkungen oder Verbote der Ausfuhr oder Durchfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial sind auf die Kriegführenden gleichmässig anzuwenden. Wenn von einem Verbote einer solchen Ausfuhr abgesehen wird, so muss es allen Kriegführenden gegenüber gleichmässig geschehen.
Es liegt daher völkerrechtlich kein Grund vor, Rumänien die Ausfuhr von Munition zu verweigern, selbst wenn man damit rechnen zu können glaubt, dass dieser Staat in absehbarer Zeit in die Reihe der Kriegführenden eintreten wird.
Wirtschaftlich ist es natürlich von hohem Interesse, diese grosse Bestellung der schweizerischen Industrie zuzuhalten; das Politische Departement erachtet es als eine seiner vornehmsten Pflichten, der Arbeitslosigkeit auf allen Gebieten entgegenzuarbeiten.
Es wird beschlossen:
Das Politische Departement wird ermächtigt, zu erklären, es werde der Ausfuhr von 650 Millionen Patronenhülsen und Zündkapseln für Infanteriemunition nach Rumänien, sofern diese Munitionsteile in der Schweiz, von schweizerischen Firmen und aus zu diesem Zwecke aus dem Auslande zur Verfügung gestellten Rohmaterialien fabriziert werden, kein Hindernis in den Weg gelegt.
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