Washington, D. C., 20. Januar 1892
Ende August v.J. habe ich die Ehre gehabt, Ihnen den Entwurf einer Note2 persönlich mitzutheilen, welche ich beabsichtigte an den hiesigen mexicanischen Gesandten in Sachen Abschluss eines schweizerisch-mexicanischen Handelsvertrages durch meinen damaligen Vertreter in Washington, Herrn Major Kloss, richten zu lassen.
Da nun der Entwurf dieser Note, in welcher dem Wunsche Ausdruck gegeben wurde, dass die mexicanische Regierung ihre bezüglichen Gegenvorschläge bekannt gebe, Ihre Gutheissung gefunden, so ist eine bezügliche Note unterm 8. September abhin an die Mexicanische Gesandtschaft gerichtet worden3, welche am folgenden Tag den Empfang derselben mit dem Bemerken bestätigte, dass sie am nämlichen Tag eine Abschrift dieser Note nach Mexico abgesandt hatte, und nicht ermangeln würde, die bezügliche Rückäusserung der mexicanischen Regierung zur hierseitigen Kenntnis zu bringen.
Seither ist mir in dieser Angelegenheit keine weitere schriftliche Mittheilung zugegangen; dagegen hat Minister Romero, welchen ich häufig hierauf bezüglich angesprochen habe, seinem Bedauern darüber Ausdruck gegeben, dass seine Regierung bei Ausarbeitung ihrer Vorschläge und Instructionen so langsam verfahre; er wies dabei darauf hin, dass die mexicanische Regierung dermalen mit vielen Geschäften dringender Natur überhäuft sei, jedoch er stellte in Abrede, dass die Unruhen an der mexicanisch-amerikanischen Grenze auf diese Verzögerung von irgendwelchem Einfluss gewesen seien. Herr Romero theilte mir heute mit, dass er soeben seine Regierung ersucht hatte, ihre bezüglichen Vorschläge baldmöglichst zur hierseitigen Kenntnis zu bringen.
Trotz der Versicherung des Herrn Romero, dass dem Guerilla-Krieg des Herrn Garcia eine Bedeutung nicht beizumessen sei, so glaube ich dennoch, dass der Präsident von Mexico, General Porfirio Diaz ein viel zu kluger Mann ist, um nicht zu wissen, dass in den 8 Jahren, während welcher er ununterbrochen die unbeschränkte Dictatur ausübt, viele unzufriedene Elemente gross geworden sind, und dass in einem Staate wie Mexico Unruhen, wie diejenigen, welche Garcia dermalen leitet, genügen könnten, um eine gegen seine Dictatur gerichtete Coalition aller Unzufriedener zu vereinigen. Ich glaube somit, dass die dermaligen Unruhen an der mexicanisch-texanischen Grenze nicht ohne Einfluss auf die Saumseligkeit der Mexicanischen Regierung geblieben sind, welche näher liegende Fragen, als diejenige, welche uns beschäftigt, zu erwägen hat.