Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
1. Bilaterale Verhandlungen
1.3. Die Verhandlungen mit Italien
1.3.1. Die Handelsverträge
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 354
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#7544* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 16.12.-17.12.1887 (1887–1887) |
dodis.ch/42333
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 16. Dezember 18871 6310. Handelvertrag mit Italien
Nachdem laut Mitteilungen der Gesantschaft in Rom Herr Ministerpräsident
Crispi sich bereit erklärt hat, auf Grund der hierseitigen Note vom 8. dies2 mit der
Schweiz über einen neuen Handelsvertrag zu unterhandeln, wird auf Antrag des
Departements folgendebeschlossen:
A. Zölle. Da bei der gegenwärtigen Sachlage eine Reduktion der bisherigen italienischen Zölle kaum erhältlich wäre, werden die Herren Delegirten ihre Bemühungen im Allgemeinen darauf konzentriren, wenigstens einer wesentlichen Erhöhung dieser Zölle vorzubeugen, also für die neue Vertragsperiode den status quo zu sichern.
Dieselben werden demnach in erster Linie proponiren:
1. Gegenseitige Erneuerung der Konventionaltarife des jezigen Vertrages mit Italien für die Einfuhr sowohl als für die Ausfuhr, mit Ausnahme von Wermuth.
2. Bindung derjenigen Positionen des Ende dieses Jahres ablaufenden französisch-italienischen Vertragstarifs, mit welchen wesentliche schweizerische Interessen verknüpft sind, hauptsächlich Baumwollgewebe und Maschinen; Italien bleibt hingegen für die neue Vertragsperiode im Mitgenuss der Vorteile des schweizerischen
Konventionaltarifs mit Frankreich3, sowie desjenigen mit Spanien4, deren Dauer noch bis 1. Februar 1892 gesichert ist.
3. Bindung der bisherigen italienischen Generalzölle für Baumwollgarn und
-Zwirn, Tüll, Gaze und Mousseline, Stikereien und Chokolade, wogegen die Schweiz ihre bisherigen autonomen Zölle für totes Geflügel, Trauben, Strohgeflechte und
Hüte binden würde.
Die Position «Vieh», hinsichtlich welcher beide Staten freie Hand haben, werden die Herren Delegirten nicht zur Sprache bringen, oder im Falle, dass sie von Seite der italienischen Abordnung in Diskussion gestellt würde, erklären, dass die Schweiz diese Position für ihre Unterhandlungen mit Österreich reserviren müsse.
In zweiter Linie werden die Abgeordneten zu etwelcher Erhöhung einzelner der genannten Artikel Hand bieten, bezw. durchbliken lassen, dass der Bundesrat eine mässige Zollerhöhung acceptiren würde. Im Übrigen werden dieselben eine Liste dieser Erhöhungen und der dagegen von Italien zuzugestehenden schweizerischen Zollerhöhungen je nach ihrem eigenen Ermessen und der Haltung der italienischen Delegirten aufstellen und dem Bundesrate die gegenseitigen Zugeständnisse, auf Grund welcher ein neuer Vertrag resp. ein Provisorium möglich würde, zu endgültiger Entscheidung nebst ihren eigenen Gutachten, wenn nötig, telegraphisch, mitteilen.5
B. Text. Hinsichtlich des Vertragstextes werden die Herren Delegirten in allen Teilen den jezigen Vertrag6 erneuern, mit Ausnahme von Art. 4, welcher von den kantonalen Ohmgeld- und Octroigebühren handelt und durch die eidgen. Alkoholgesezgebung7 gegenstandslos geworden ist.
Mit Bezug auf Art. 11 (Handelsreisende) wird eine endgültige Instruktion des Bundesrates Vorbehalten. Die Abgeordneten werden sich zunächst über das Regime in Italien erkundigen und darüber berichten.
Die Abgeordneten werden zugleich die Aufnahme einer Bestimmung proponiren, durch welche die im Art. 1 stipulirte Behandlung auf dem Fusse der meistbegünstigten Nation als für Gegenstände des Statsmonopols nicht verbindlich erklärt würde. Diesem Erfordernis entspräche die Adoption von Art. 26 des schweizerisch-französischen Handelsvertrages.
Der Bundesrat wünscht ferner die Aufnahme eines Zusazes zu Art. 8 des jezigen Vertrages, durch welchen Italien sich verpflichten würde, die Versender der Waaren resp. deren Beauftragte zur Verzollung der Waaren im italienischen Zollamte zuzulassen und dieselben dadurch in den Fall zu sezen, ihre berechtigten Interessen besser zu wahren als es durch die Agenten der italienischen Bahnverwaltungen, welche allein zu den Verzollungsformalitäten zugelassen werden, geschieht.8
Was die Dauer des Vertrages betrifft, so soll derselbe nicht länger als der Handelsvertrag mit Frankreich, also bis zum 1. Februar 1892, verbindlich sein.
C. Provisorium. Die Herren Delegirten sind ermächtigt ein Provisorium zu vereinbaren, durch welches bis zur Ratifikation des neuen Vertrages die vereinbarten Bestimmungen des leztern hinsichtlich der Zölle gelten. Kommt keine Einigung über einen Vertrag zu Stande, so werden die Herren Delegirten neue Instruktionen einholen.
- 1
- E 1004 1/151.↩
- 2
- E 13 (B)/215.Für die italienischen Forderungen vgl. Nr. 350 inklusive Erhöhung des Käsezolls. In Ergänzung seiner Instruktion vom 12.11. 1887 (vgl. Nr. 350, Anm. 3) hatte der Bundesrat Neuverhandlungen gefordert.↩
- 3
- AS 1882-1883, 6, S. 348-361.↩
- 4
- AS 1883-1884, 7, S.234f.↩
- 5
- Am 29.12.1887 wurde der abgelaufene Handelsvertrag bis 1. 3.1888 verlängert (AS 1889, 10, S.438f.).↩
- 7
- Vgl. BBl 1886, 3, S. 421-494, 604 (Beilage zu Nr. 47) und 1309-1316.↩
- 8
- Vgl. Nr. 279.↩
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