Classement thématique série 1848–1945:
II. AFFAIRES ECCLÉSIASTIQUES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 227
volume linkBern 1985
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.53-06#1000/1751#158* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.53-06(-)1000/1751 51 | |
Dossier title | Offizielle Korrespondenz: Schreiben des Bundesrates (1870–1870) |
dodis.ch/41760
Es ist dem schweizerischen Bundesrathe durch Hrn. Minister Dr. Kern eine Kopie der Note2 des Grafen Daru, adressirt an den Papst und das Concil vom..., konfidentiell übermittelt worden, welche der Regierung, bei der Sie akkreditirt sind, ebenfalls schon bekannt ist. Der Inhalt dieses interessanten Aktenstükes ist eine eindringliche Mahnung, den Frieden zwischen Staat und Kirche nicht zu gefährden durch Schlussnahmen, wie sie das Schema de Ecclesia vorsieht (Infallibilitätserklärung mit inbegriffen) und daher alles daraus zu entfernen, was nicht rein kirchlichen Charakters sei. Graf Daru scheint anzunehmen, dass die übrigen europäischen Regierungen sich in ähnlichem Sinne in Rom vernehmen lassen werden.
Wie Ihnen bekannt, hat der Bundesrath seiner Zeit bei Beantwortung des Circulars des Fürsten Hohenlohe3 den Standpunkt eingenommen, dass Präventivmassregeln irgend welcher Art gegenüber dem Concil und dessen Vorlagen nicht angezeigt scheinen und dass insbesondere die Schweiz. Eidgenossenschaft gut thue, die förmliche Entschliessung des Concils abzuwarten, ehe sie irgend welche Schlussnahme fasse. Obschon die Note des Grafen Daru ähnlich wie seiner Zeit Fürst Hohenlohe, der diesen Standpunkt noch rechtzeitiger eingenommen hatte, diese Politik des Gehenlassens als inconvenabel und unwürdig bekämpft, walten hierorts doch grosse Bedenken, dem Beispiel der französischen Regierung zu folgen. Abgesehen von den Ihnen schon bekannten Gründen möchte ich Sie namentlich auch noch auf folgende Bedenken aufmerksam machen.
Das jezt in Rom tagende Concil entbehrt entgegen dem bei frühem Concilien beobachteten Usus mit der Repräsentation des Laienelements auch der Vertretung der Statsgewalt und hat daher in gewisser Beziehung mehr den Charakter einer Versammlung der höhern geistlichen Beamten und Würdenträger, als denjenigen einer Versammlung der Kirche. Würde sich dieses Concil indessen nur mit geistlichen Dingen befassen, so hätten die Statsregierungen keinen besondern Beruf, sich mit der Frage der legitimatio ad causam dieser Versammlung zu beschäftigen. Ganz anders gestaltet sich aber die Sachlage, wenn eine so ganz einseitig komponirte Versammlung Beschlüsse fassen sollte, deren Tendenzen oder praktische Konsequenzen auf das rein staatliche oder das gemischt staatlichkirchliche Gebiet hinüberzuragen bestimmt sind; denn zu massgebender Regulirung dieser Verhältnisse u. Beziehungen ist doch offenbar jene Versammlung kirchlicher Würdenträger ebenso wenig legitimirt, als ein politischer Körper es wäre zur Regulirung von rein oder gemischt kirchlichen Fragen. Erscheint es nun aber passend, sich mit einer Versammlung, deren Legitimation und Kompetenz man doch aller Wahrscheinlichkeit nach abschliesslich zu bestreiten in den Fall kommen wird, vorgängig in Diskussionen und Verhandlungen einzulassen, welche mit einigem Grunde als Anerkennung von deren Kompetenz ausgelegt werden dürften? Diese Frage dürfte noch einer sorgfältigen Überlegung werth sein.
Bevor das politische Departement jedoch dem Bundesrathe über diese wichtige Frage eine Vorlage machen will, wünscht es zu wissen, wie diese Angelegenheit von derjenigen Regierungen, bei welcher Sie, Herr Minister, akkreditirt sind, aufgefasst wird, und ersucht Sie daher, mit gefälliger Beförderung ihm mitzutheilen, ob die dortige Regierung sich dem Schritte der französ. Regierung in irgend welcher Weise zu associren gedenke.