Classement thématique série 1848–1945:
I. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ÉTATS
I.3. AUTRICHE-HONGRIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 2, doc. 43
volume linkBern 1985
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#463* | |
Old classification | CH-BAR E 2(-)1000/44 84 | |
Dossier title | Deutscher Krieg, 1866 (1866–1866) | |
File reference archive | B.264 |
dodis.ch/41576 Le Chargé d’Affaires de Suisse à Vienne, A. O. Aepli, au Président de la Confédération, J. M. Knüsel1
Nachdem Sie mit Schreiben vom 23.ds2. Mtsneuerdings auf den Gedanken zurückgekommen sind, hier sondiren zu lassen, ob bei dem zwischen Österreich u. Italien abzuschliessenden Friedensvertrag nicht allfällig die Neutralisirung u. Abtretung des Veitlins oder wenigstens des obern Theils desselben an die Schweiz stipulirt werden könnte, habe ich nicht ermangelt, den Versuch zu machen, Ihrem Wunsche gerecht zu werden, ohne dass es mir indessen möglich geworden wäre, über die Opportunität der Sache eine andere, als die früher geäusserte Ansicht zu gewinnen.
Ihrer Andeutung folgend habe ich zunächst den Herrn Telegraphendirektor Brunner zu veranlassen gesucht, diessfalls seine bons offices walten zu lassen. Es sagte mir derselbe jedoch, dass er erst kürzlich mit einem höher gestellten österreichischen Staatsmanne über die Abtretung des Veltlins an die Schweiz gesprochen, dass derselbe aber bemerkt habe, z.Z. als die Lombardie von Österreich an Italien abgetreten wurde, hätte davon wohl die Rede sein können; jetzt sey keine Veranlassung mehr dazu vorhanden. Herr Brunner lehnte es auch ab, sich weiter in dieser Angelegenheit zu bethätigen.
Ich suchte darauf die Sache beim Ministerium des Äussern selbst beiläufig zu einer unmassgeblichen Erörterung zu bringen u. begab mich zu diesem Zweck zu dem Unterstaatssekretär von Meysenbug, mit dem ich ohne hin einige Gegenstände zu besprechen hatte. Ich wählte als Ausgangspunkt den Artikel der «freien Presse», auf den Sie verwiesen hatten u. dem Sie einen so grossen Werth beizulegen scheinen, u. stellte die Frage: ob es wohl richtig sey, dass Österreich bei Regulierung der Grenzen auf eine Abtretung des obern Theils des Veltlins reflektiren werde. Herr von Meysenbug antwortete mir, dass die Friedensverhandlungen noch gar nicht begonnen haben, dass er aber nicht glaube, dass ein solches Begehren gestellt werde. Österreich sey jetzt nicht im Falle, Vortheile dieser Art für sich in Anspruch zu nehmen, da es Italien gegenüber, das von Preussen u. Frankreich unterstützt werde, ganz isolirt dastehe. Das österreichische Interesse erheische einen möglichst raschen Abschluss des Friedens u. es werden daher österreichischer Seits alle Fragen vermieden werden, welche die Erreichung dieses Zieles verzögern könnten. Übrigens betrachte er Alles, was jetzt geschehe nur als provisorisch, indem er der Überzeugung lebe, dass in nicht gar ferner Zeit neue Verwickelungen auftauchen werden. Er belobte dann sehr die Thätigkeit der Schweiz, sich in möglichst vertheidigungsfähigen Zustand zu setzen u. sprach mit mehr Wärme als je von dem Interesse Österreichs an der Erhaltung der Schweiz. Fast muss ich glauben, dass auf letzteres die neulich in den Blättern enthaltene Nachricht von der Errichtung eines diplomatischen Postens in Berlin od. die Befürchtung, dass der hiesige Posten aufgegeben werde, nicht ohne Einfluss gewesen sey.
Von einem mit der öster. Politik sonst wohl vertrauten, gewiegten deutschen Diplomaten wurde mir gestern gesprächsweise über die österr.-italienischen Friedensverhandlungen bemerkt: die Bestrebungen Österreichs werden darauf gerichtet sein, in den Grenzverhältnissen möglichst wenig zu ändern, dagegen Italien zur Übernahme einer möglichst hohen Summe der Staatsschuld zu veranlassen. Reflektirte Österreich auf eine Abtretung des Veltlins od. eines Theiles desselben von Seiten Italiens, so würde es das abgetretene Gebiet jedenfalls für sich behalten.
Da sich aus dem Vorgebrachten der Schluss nicht ziehen liess, dass von weiteren Erörterungen dieser Frage irgend ein günstigeres Resultat gehofft werden dürfte u. ich mich ohnehin nur auf das Sondiren zu verlegen hatte, so verfolgte ich die Sache nicht weiter. Wenn Sie übrigens von der Voraussetzung ausgehen, dass im Falle Österreich gleichwohl die Abtretung des obern Theiles von Veltlin begehren sollte, Italien diesen Theil seines Gebietes lieber an die Schweiz als an Österreich abgeben würde, so dürfte wohl der schweizerische Minister in Florenz besser als der Geschäftsträger in Wien im Falle sein, darauf hinzuwirken, dass eine Abtretung zu Gunsten der Schweiz erfolge.
Für die Mittheilung der historischen Abhandlung des Herrn Professors Vogt3 bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich habe sie, namentlich die so sehr lehrreichen Verhandlungen des Wiener Kongresses über die Veltlinerfrage, mit dem grössten Interesse gelesen.
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