Villa Seebühl, [Thoune], 18. Mai 1866
Über die vertrauliche Unterredung2, welche der Schweizerische Geschäftsträger zu Wien, in Euer Excellenz Auftrag, kürzlich in Betreff der Stellung des österr. Kaiserthumes gegenüber der drohenden Kriegs Gefahr mit Seiner Excellenz dem Kaiserlichen Herrn Minister des Äussern gepflogen hatte, unter der gleichzeitigen Zusage der strengsten Neutralität Seitens der Eidgenossenschaft, so wie über die ihm hierauf mündlich ertheilte Erwiederung hat der Herr Graf Mensdorff unterm 14. d. M. ein Reskript an mich erlasen, damit ich in gleichem Sinne mich äussern könne.
Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes wird es dem hohen Bundes Rathe erwünscht sein, den Wortlaut dieser Depesche3 zu vernehmen. Ich gebe mir desshalb die Ehre, das Original als confidentielle Mittheilung hier anzuschliessen, indem ich Euer Excellenz ersuche, es mir baldthunlichst hieher nach Thun zurückzuschicken. Der Inhalt dieses Schriftstückes ist ein neuer Beleg des Vertrauens, womit das kais. österr. Cabinet gerne jederzeit dem hohen Bundes Rathe entgegenkömmt.
Ich würde es ganz besonders verdanken, wenn Euer Excellenz die Gewogenheit haben wollten, mich zu unterrichten, ob und in wiefern die gestern in den öffentlichen Blättern besprochenen eventuellen Vorsichts-Massregeln des hohen Bundesrathes zur Sicherstellung der Schweizer Grenzen wirklich beabsichtigt werden. Meine Allerhöchste Regierung würde dieselben mit Vergnügen getroffen sehen.