Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.3. Affaires du Tessin
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 170
volume linkBern 1990
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#1217* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 514 | |
Dossier title | Wien, Politische Berichte und Briefe, Militär- und Konsularberichte, Band 6 (1853–1853) |
dodis.ch/41169
Die drohende Gefahr, welche unserem theuren Vaterlande bevorsteht, macht es mir zur Pflicht, meine confidentiellen Berichte fortzusetzen, so oft ich nur im Stande bin, Ihnen Näheres mittheilen zu können. Ich hatte heute wieder eine längere Unterredung mit dem französischen Geschäftsträger, desgleichen mit dem englischen Gesandten. Graf de Serre war gestern beim Grafen Buol und unterhielt sich mit ihm über die Tessiner-Frage. Der Minister äusserte sich ohne Rückhalt gegen ihn, dass Österreich keinerlei andere Absichten hege, als sich ein für alle Mal für solche Vorfälle sicher zu stellen. Man beabsichtige nicht im geringsten eine Beschränkung des Asylrechtes, allein Österreich dringe entschieden darauf, dass diejenigen Flüchtlinge, welche bezeichnet werden, von dem Territorium der Eidgenossenschaft entfernt werden müssten. Die letzte Note der Protestation, welche ich zu überreichen die Ehre hatte2, hat empfindlich berührt, man erwartete, wie auch Graf Buol sich gegen mich äusserte, Propositionen und Thatsachen, nicht Proteste. Der englische Gesandte hat von seiner Regierung keine Instructionen bis jetzt erhalten; er rieht mir dringend, den Weg der Versöhnung anzubahnen und den Forderungen Österreichs, hauptsächlich in der Flüchtlingsfrage, nachzugeben; er ist gleich den ändern meiner Kollegen von der Unbeugsamkeit des österreichischen Kabinettes in dieser Frage vollkommen überzeugt und nur ein schleuniges Handeln und energisches Auftreten des hohen Bundesrathes könne die drohende Gefahr ablenken, die über unserem Vaterlande schwebt. Selbst auf die Gefahr, dass meine Berichte mit den Ansichten des hohen Bundesrathes nicht übereinstimmen sollten, halte ich es doch für meine heilige Pflicht, die Lage der Dinge darzustellen, wie ich sie hier in der Nähe sehe, und ich kann mir nicht verargen, dass nur ein schleuniges energisches Handeln der hohen obersten Centralbehörde der österreichischen Regierung die Überzeugung beibringen kann, dass es der Schweiz Ernst ist, ihre internationalen Verpflichtungen strenge zu erfüllen. Alle Noten und schriftlichen Vorstellungen sind vergebens und nur Thatsachen können Österreich den Beweis liefern, dass es der Schweiz Ernst ist, diejenigen Garantien zu bieten, welche Österreich im Interesse der Ruhe in der Lombardie verlangt. Es ist keine blinde Furcht, wenn ich die Besorgnisse theile, welche meine Kollegen aussprechen, denn ich hege die feste Überzeugung, dass nur ein rechtzeitiges Verständnis in der Flüchtlingsfrage diesmal die drohende Gefahr abwenden kann. Mir liegt die Ehre und Grösse meines Vaterlandes wie jedem Schweizer am Herzen, allein auch die Politik gebietet manchmal, der Stimme der Klugheit Gehör zu schenken und Gefahren vorzubeugen, die unvermeidlich sind. Ein Beweis, wie energisch man vorgehen will, ist derjenige, dass Haynau bestimmt war, adlatus des Feldmarschall Radetzky zu werden, ein höherer Richter hat diese Gefahr abgewendet.
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