Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.2. Autriche
I.2.2. Réfugiés
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 52
volume linkBern 1990
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2#1000/44#4* | |
Dossier title | Bericht des Gesandten in Wien und Antrag des EPD betr. u.a. Agitation Preussens bei der österreichischen Regierung gegen die Schweiz (1849–1849) | |
File reference archive | B.251 |
dodis.ch/41051
[...]2Ich hatte gestern wieder längere Besprechungen mit einzelnen Mitgliedern des diplomatischen Corps über die Angelegenheiten der Schweiz, bei welchen mir die vertrauliche Mittheilung gemacht wurde, dass Preussen seine Interventionsgelüste noch nicht im Geringsten aufgegeben, sondern sich neuerdings und zwar zu wiederhohlten Malen an die Österreichische Regierung gewendet und sie aufgefordert habe, mit ihr gemeinschaftliche Sache zu machen, um in der Flüchtlingsfrage energische Forderungen an die Schweiz zu stellen. In welchem Wortlaute diese Forderungen waren, konnte ich nicht erfahren, jedoch nach den mir gemachten Mittheilungen muss ich annehmen, dass Preussen solche mit aller Dringlichkeit bei dem Fürsten Schwarzenberg angeregt haben soll. Das Österreichische Cabinett hat jedoch, wie mir der Fürst selbst versicherte, solche Vorschläge abgelehnt und entschieden sich geweigert, in dieser Angelegenheit mit Preussen Hand in Hand zu gehen. Die ihm von meinem Referenten gemachte Einwendung, dass die Truppen in Vorarlberg, über welche Euer Excellenz am Fusse dieses Näheres verzeichnet finden werden, doch eine Bestimmung gegen die Schweizergränze haben dürften, erwiederte er entschieden dahin, dass solche nicht gegen die Schweiz gerichtet seien und desgleichen die an der Tessinergränze stationirten Truppen nur zur Verhinderung der Werbedepot für Neapel und des Schmuggels, aber nicht im Geringsten als Demonstration gegen die Schweiz zu gelten hätten. Überhaupt wurden mir fürjetztdiese Gesinnungen der Österreichischen Regierung von verschiedenen Seiten bestätigt, dagegen, wie erwähnt, behauptet, dass die Preussische Regierung im Namen Badens geneigt zu sein scheine, energische Forderungen an die Eidgenossenschaft zu stellen und auf die Erfüllung derselben in ihrem Rechte als Grossmacht Deutschlands und als Bundesgenosse Badens dringen werde. So freundlich die Stimmung des Österreichischen Cabinettes in dem Augenblicke sich zeigt, und so wenig dasselbe geneigt ist, den Preussischen Vorschlägen sich zuzuneigen, so wurde mir von gut unterrichteter Quelle doch behauptet, dass Österreich, wenn auch nicht in dem gegenwärtigen Augenblicke, doch später nicht ermangeln werde, in der gleichen Angelegenheit Forderungen an die Schweiz zu stellen, welche vielleicht die Preussische überbieten dürften, wenigstens soll Fürst Schwarzenberg sich in dem Sinne ausgesprochen haben, dass die Österreichische Regierung später selbst in den Fall kommen könnte, an die Eidgenossenschaft Forderungen zu stellen und dabei Schwierigkeiten begegnen dürfte, da es schwer sei, von der Schweiz etwas gewährt zu erhalten. Aus diesen mir gemachten vertraulichen Eröffnungen werden Euer Excellenz ersehen, dass einzelne in meinen früheren Depeschen enthaltenen Mittheilungen sich neuerdings bestätigen und dass es im Interesse der Schweiz liegt, den allenfalls erfolgenden Forderungen der genannten Regierungen durch weitere Verfügungen und Beschränkungen zuvorzukommen. Ich vermesse mich nicht, dem hohen Bundesrathe in dieser Angelegenheit einen Rath ertheilen zu wollen, da er ohnehin die Wichtigkeit dieser Frage in ihrem vollen Werthe anerkennt und diejenigen Massregeln treffen wird und schon theilweise getroffen hat, welche geeignet sind, den ändern Staaten die Besorgnisse und jeden Grund zu einer befugten Intervention zu benehmen, denn von Österreichischer Seite wenigstens glaube ich annehmen zu dürfen, dass man mit Vergnügen dazu beitragen wird, jede Collision mit der Schweiz zu vermeiden. Da ich jedes Vorwandes entbehre, mich, wie es in frühem Zeiten manchmal zufolge Auftrages geschehen, bei dem Herrn Ministerpräsidenten der Gesinnung der Österreichischen Regierung zu versichern, so wollte ich diesen Schritt ohne Genehmigung des hohen Bundesrathes nicht wagen, glaube jedoch, dass eine directe Anfrage deshalb durch mich keines Falls schaden könnte, ja durch irgend einen triftigen Grund gerechtfertigt sogar eine Nothwendigkeit sein dürfte. Bei diesen Mittheilungen bemerkte ein Mitglied des diplomatischen Corps, es scheine überhaupt, dass man in der Schweiz selbst keine so grosse Abneigung gegen eine preussische Intervention in der Flüchtlingsfrage habe, indem der Prinz von Preussen seiner nächsten Umgebung einen Brief eines einflussreichen Mannes der Schweiz gezeigt, worin er von demselben ersucht wird, die Gränze nicht zu verlassen, sondern besetzt zu halten. Das unter dem Oberbefehle des F.M.L. Fürsten Schwarzenberg stehende Armeecorps wird auf 20 bis 22 000 Mann verstärkt, um für alle Ereignisse gerüstet zu sein. Die Vertheilung desselben findet in der Art statt, dass das ganze Corps innerhalb weniger Tage vereinigt sein kann, also in Vorarlberg, Lechthal, Oberinnthal und Vintschgau. /...]3