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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 26, doc. 148
volume linkZürich/Locarno/Genève 2018
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E9500.225#1996/436#2* | |
Old classification | CH-BAR E 9500.225(-)1996/436 2 | |
Dossier title | Protokolle, vol. II (1968–1975) | |
File reference archive | 1 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#J1.371-01#2012/59#252* | |
Old classification | CH-BAR J 1.371(-)2012/59 199 | |
Dossier title | Arbeitsgruppe historische Standortbestimmung 1972-1980 (1972–1980) | |
File reference archive | 3.8 |
dodis.ch/34236 Notiz des Präsidenten der Arbeitsgruppe Historische Standortbestimmung, A. Weitnauer1
Der Sitzung2 über das weitgespannte Thema der Möglichkeiten und Grenzen der schweizerischen Aussenpolitik in einer sich wandelnden Welt war ein voller Erfolg beschieden. Es ist den beiden Referenten, Professor Frei und Botschafter Thalmann, zu danken, wenn sie für die reichlich benutzte Diskussion eine Basis schufen, die eine Beleuchtung aller Aspekte des Gegenstandes erlaubte.
Professor Frei hat sein Thema auf sehr originelle Art behandelt, systematisch und doch wirklichkeitsbezogen, ohne trotz aller Behutsamkeit in der Setzung der Akzente mit seiner eigenen Meinung hinter dem Berge zu halten3. Botschafter Thalmann lieferte ganz aus der Sicht des Praktikers eine wertvolle Ergänzung, vom Bestehenden ausgehend und gleichzeitig in die Zukunft blickend4. Die Lektüre beider Referate bildet den unerlässlichen Ausgangspunkt für die Kenntnisnahme der Voten der übrigen Sitzungsteilnehmer5.
Die Diskussion war weitgehend von zwei Polen bestimmt: der Notwendigkeit, die aussenpolitischen Interessen der Schweiz in einer immer komplexeren Welt optimal zur Geltung zu bringen einerseits, und andererseits der Schwierigkeit, dem wachsenden Wunsch von Parlament und Volk, sein Wort mitzureden, Rechnung zu tragen. Hier ging das Spektrum der Ansichten von einer eher skeptischen Beurteilung (Professor Hofer, Ständerat Grosjean, alt Bundesrat Wahlen) zu dem Ausdruck des Vertrauens, dass bei einer zielbewussten Anstrengung von Bundesrat, Parteien und anderen Bildnern der öffentlichen Meinung noch sehr viel mehr als heute erreicht werden kann, um das Volk zum Mitgehen mit einer klar konzipierten, den inneren Gegebenheiten sowohl als den auswärtigen Interessen der Schweiz Rechnung tragenden Politik zu veranlassen (Bundesrat Brugger, Redaktor Béguin u. a.).
Während Botschafter Rüegger sich zum Sprecher einer wohldurchdachten Rechtfertigung der überlieferten Maxime von «Neutralität und Solidarität» macht und in ihr die gegebene Grundlage für unsere Bemühungen um ein besseres Verständnis unserer Verhältnisse bei den Grossmächten sieht, beleuchten andere Redner wichtige Sonderaspekte unserer Aussenpolitik. So Bundesrat Spühler die Frage des Image der Schweiz im Ausland6, das nach wie vor stark von Klischeevorstellungen bestimmt wird, die allerdings überwiegend positiv sind. Der gleiche Redner sieht hinter der Notwendigkeit der Aufklärung des Schweizervolkes über internationale Zusammenhänge das tiefer liegende Problem der gestörten Beziehungen des Volkes zum Staate, was die Innen- so gut wie die Aussenpolitik betrifft. Nicht zuletzt darum ist die Verankerung einer aussenpolitischen Konzeption in der schweizerischen Öffentlichkeit nicht gelöst7.
Bundesrat Wahlen und der Vorsitzende äussern sich zu der leidigen Frage, wie eine gradlinige, von den Landesinteressen bestimmte Aussenpolitik trotz der wechselnden Emotionen des Parlamentes und des Volkes durchgesetzt werden kann. Botschafter de Ziegler beschäftigt vor allem die aussenpolitische Aufklärung nicht nur der schweizerischen Stimmbürger, sondern vor allem die des Auslandes über die Schweiz, wo zweifellos noch mehr getan werden kann.
Professors Gasteygers Kommentare haben ebenfalls die Frage der Aufklärung zum Mittelpunkt, deren Probleme er in noch anderen Aspekten beleuchtet (Gegensatz zwischen leichterer Regierbarkeit des Kleinstaates und grösserer Schwierigkeit, die Aussenpolitik eines solchen Landes zu führen, Wecken des Verständnisses für den Vorrang der langfristigen vor den kurzfristigen aussenpolitischen Interessen, Wichtigkeit einer klaren politischen Führung).
Auf einen erfreulichen und ganz praktischen Aspekt verweisen sowohl Botschafter Probst wie Nationalrat Hofer, indem sie erläutern, wie – sei es in der UNIDO8, sei es im Europarat9 – die Möglichkeit der Leistung guter Dienste durch die Delegierten der neutralen Schweiz noch immer eine lebendige Realität ist.
Professor Freymond hebt den nach seiner Ansicht bestehenden Vorrang der traditionell-historischen Betrachtung der Aussenpolitik vor der politologischen Methode hervor. In historischer Sicht sind unsere Probleme nicht so neu wie sie scheinen. Herr Freymond beklagt das mangelnde Interesse des überwiegenden Teiles der schweizerischen öffentlichen Meinung einschliesslich der Eliten an aussenpolitischen Fragen. Dies soll uns aber nicht daran hindern, unverdrossen auf eine Verbesserung der Lage hin zu arbeiten.
In seinem Schlussvotum legt Professor Frei noch einmal den Hauptakzent auf die Weckung des Interesses im Schweizervolk für aussenpolitische Probleme, für ein Ernstnehmen dieser Probleme. Auch wenn es innenpolitisch nicht lohnend ist, muss unsere politische Führerschaft entschlossen die Pflicht auf sich nehmen, die unausweichlich wachsende Bedeutung der Aussenpolitik auch für die Schweiz aktiv zu bekunden. Es sollte nicht zu einem aussenpolitischen Interessenverzicht aus Angst vor dem Volk kommen.
Wiederum sei das gesamte Protokoll, dessen Inhalt hier nur angedeutet werden konnte, angelegentlichst zur Lektüre empfohlen.
- 1
- Notiz: CH-BAR#E9500.225#1996/436#2*.↩
- 2
- Für die Sitzung der Arbeitsgruppe Historische Standortbestimmung vom 5. April 1975 vgl. das Protokoll von F. Chappuis und Ch. Blickenstorfer, dodis.ch/34216.↩
- 3
- Für das Referat von D. Frei vom 5. April 1975 vgl. dodis.ch/34216.↩
- 4
- Für das Votum von E. Thalmann vgl. Anm. 2.↩
- 5
- Anwesende Mitglieder: B. Béguin, J. Freymond, C. Gasteyger, C. Grosjean, W. Hofer, R. Meylan, P. Micheli, P. Ruegger, M. Troendle, E. Uhlmann, F. T. Wahlen. Eingeladen waren zudem: E. Brugger, P. Graber, H. Schaffner und W. Spühler.↩
- 6
- Vgl. dazu DDS, Bd. 23, Dok. 117, dodis.ch/31341, sowie DDS, Bd. 26, Dok. 135, dodis.ch/40560.↩
- 7
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 52, dodis.ch/35368.↩
- 8
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 144, dodis.ch/39191.↩
- 9
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 178, dodis.ch/35765.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/34236 | see also | http://dodis.ch/34216 |
Tags
Working group Historische Standortbestimmung