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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 24, doc. 66
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.36#1980/24#342* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.36(-)1980/24 19 | |
Dossier title | Heilmittelkontrolle 3 Dossiers (1966–1968) | |
File reference archive | 422.2 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1979/14#2223* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1979/14 144 | |
Dossier title | Heilmittelkontrolle (1962–1968) | |
File reference archive | 867.3 • Additional component: Vereinigte Staaten von Amerika |
dodis.ch/32685 Der Delegierte des Bundesrats für Handelsverträge, A. Weitnauer, an den schweizerischen Botschafter in Washington, F. Schnyder1
Lieber Felix,
Unsere heutige Mitteilung2 auf amtlichem Wege hat Dich bereits auf den letzten Stand des Heilmittelproblems3 gebracht, sodass ich mich auf wenige ergänzende Bemerkungen beschränken kann.
Die Angelegenheit wird in der Schweiz von den Interessenten mit einem ungewöhnlichen Aufwand an Emotionen behandelt. Die Leitung des Chemieverbandes, Präsident Junod und Direktor Egli, nehmen aus nicht ganz durchsichtigen Gründen eine betont «harte» Haltung ein. Sie stehen damit in absolutem Gegensatz zu dreien der vier «Grossen» – Ciba, Sandoz und Geigy – die ihre These, dass auf die Wünsche der Amerikaner bis zu einem gewissen Grade eingelenkt werden müsse, mit ebensoviel Insistenz vertreten.
Das Bundeshaus wird von den drei Firmen ziemlich unverhüllt der Nachlässigkeit in der Wahrung ihrer Interessen geziehen. Herr Dr. Egli wiederum versucht, uns die Situation so darzustellen, dass jegliche Konzession als ein Verrat an den höchsten Gütern des Vaterlandes erscheinen würde. Wir haben somit die Auswahl zwischen verschiedenen Beurteilungen, die alle negativ sind und uns in keineswegs schmeichelhafter Beleuchtung zeigen. Ergänzend füge ich noch bei, dass der Vorort es bisher sorgfältig vermieden hat, Partei zu ergreifen.
In einer solchen Lage kann uns nur das Beamtenethos der absoluten Sachlichkeit helfen. Dass wir dabei ohne Not ungeschickt operieren, gehört allerdings nicht zu unsern Amtspflichten. Ich habe daher für richtig gehalten, an der Sitzung vom 19. Januar, über die wir Euch ausführlich berichteten4, nicht endgültig Stellung zu beziehen. Höchste Priorität hat für uns ohnehin der Locacortenfall5. Im übrigen war es mir nicht unrecht, dass in den letzten Wochen die Spannung erheblich gestiegen ist. Nur so wird der ganze Fragenkomplex meiner Auffassung nach schliesslich reif für eine vernünftige Lösung werden. Wir sind uns gewiss einig darüber, dass maximale Formeln nicht werden durchgesetzt werden können. Das neue schweizerische Instrument der Ersatzinspektion werden wir so teuer als irgend möglich verkaufen. Wo genau der Preis liegt, kann nur die Schlussverhandlung zeigen.
Wie Euch bereits mitgeteilt, drängt die Industrie darauf, dass ich meinen bevorstehenden Aufenthalt in Washington dazu benutze, mich auch noch selbst mit den amerikanischen Behörden über die Angelegenheit zu unterhalten. Das Rennen nach dem Alibi hat m. a. W. kräftig eingesetzt. Mir selbst liegt namentlich daran, mich persönlich mit Dir an Ort und Stelle beraten zu können; unsere Verantwortung werden wir beide übernehmen.
Leider trifft es sich so, dass ich mit der EWG über eine recht schwierige Frage in Unterhandlung bin, die mitten in den virulenten Milchkrieg, der gegenwärtig auch in der Schweiz tobt, eingreift, nämlich das Problem der Käseeinfuhr. Es mag Dir recht technisch erscheinen; in Wirklichkeit ist es ein hochpolitisches Problem, und auch hier wird mit wildem Gefuchtel nach dem «Schuldigen» gesucht. Die Märzsession der eidgenössischen Räte verspricht recht bewegt zu werden, und ich kann Bundesrat Schaffner während dieser Zeit unmöglich im Stich lassen. Der früheste Zeitpunkt für eine Amerikareise ist somit Anfang April6. Aber einmal weiss ich nicht, ob dann die Gespräche mit der EWG bereits beendet sein werden, ob der Locacortenfall erledigt ist, und dann kommt ja auch bald Ostern. Es ist somit realistisch, wenn ich annehme, eher nach als vor Ostern in Washington sein zu können. Das von Dir zu vollbringende Kunststück würde somit darin bestehen, einerseits den Locacortenfall gesondert vom Hauptproblem zu regeln und andererseits die Amerikaner für die Fortführung der Verhandlungen auf April zu vertrösten.
Es würde mich natürlich sehr interessieren, Deine Ansicht zu hören.
Mit herzlichen Grüssen, auch an Sigi und besten Wünschen für gute Gesundheit verbleibe ich,
Dein Albert
- 1
- Schreiben: E2200.36#1980/24#342* (422.2).↩
- 2
- Vgl. das Telegramm Nr. 22 der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements an die schweizerische Botschaft in Washington vom 20. Februar 1968, E2001E#1980/83#1146* (B.11.42.0).↩
- 3
- Vgl. dazu DDS, Bd. 24, Dok. 26, dodis.ch/32619, bes. Anm. 3.↩
- 4
- Schreiben von A. Weitnauer an F. Schnyder vom 22. Januar 1968, Doss. wie Anm. 2.↩
- 5
- Vgl. dazu DDS, Bd. 24, Dok. 26, dodis.ch/32619, Anm. 8.↩
- 6
- Zu den Verhandlungen von A. Weitnauer in Washington vom 25. bis 26. April 1968 vgl. den Bericht von J. Bourgeois vom 1. Mai 1968, Doss. wie Anm. 3.↩
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