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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 24, doc. 91
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E4260D-01#1995/258#198* | |
Old classification | CH-BAR E 4260(D)-01(-)1995/258 55 | |
Dossier title | Verfassungsartikel für die Auslandschweizer. (1965–1970) | |
File reference archive | 360.0.2.2.100 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1980/83#518* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1980/83 132 | |
Dossier title | Richtlinien für die Hilfe an Auslandschweizer, die infolge kriegerischer Ereignisse, Revolutionen usw., zu Schaden gekommen sind. Interdepartementaler Arbeitsausschuss (1966–1968) | |
File reference archive | B.51.30.3 |
dodis.ch/32283 Protokoll der Sitzung des interdepartementalen Arbeitsausschusses vom 4. Juni 19681
1. Die Konstituierung des interdepartementalen Arbeitsausschusses
Dir[ektor]Schürch: Bisher waren keine besonderen Probleme zu diskutieren, die ein Zusammenkommen des Arbeitsausschusses gerechtfertigt hätte. Ich bin der Meinung, dass von regelmässigen Zusammenkünften abgesehen werden sollte und der Ausschuss nur von Fall zu Fall für die gemeinsam zu lösenden Probleme zusammenkommt, wobei sowohl das EPD wie das EFZD das Begehren zur Abhaltung einer Sitzung stellen können. Ich würde es begrüssen, wenn nach Möglichkeit immer die gleichen Herren an den Sitzungen teilnehmen könnten.
Fürspr[echer]Jaccard: Ich bin damit einverstanden.
Fürspr[echer]Ernst: Ich bin mit dem Vorschlag ebenfalls einverstanden, wobei ich mir vorbehalten muss, mich nötigenfalls durch einen meiner Mitarbeiter vertreten zu lassen.
2. Übernahme von Heimschaffungskosten von Missionaren und Laien
Es wird auf den Sonderbericht2 von Herrn Fürspr[echer Mumenthaler verwiesen.
3. Übernahme von Fürsorgeleistungen an Schweizerbürger im Ausland durch den Bund
Dir[ektor]Schürch: Bisher wurden die Fürsorgeleistungen an Schweizer im Ausland durch die Kantone und Gemeinden erbracht. Diese haben aber keine rechtliche Verpflichtung ihre Mitbürger ins Ausland zu unterstützen. Die Fürsorgedirektoren-Konferenz hat schon früher und auch jetzt wieder das Gesuch3 gestellt, der Bund möchte die Unterstützung der Schweizer im Ausland übernehmen. Dazu hat aber bisher die rechtliche Basis gefehlt. Mit dem neuen Verfassungsartikel 45bis kann nun der Bund in Berücksichtigung der besondern Verhältnisse der Schweizer im Ausland die zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten erforderlichen Bestimmungen erlassen, namentlich über die Ausübung politischer Rechte, die Erfüllung der Wehrpflicht und die Unterstützung, wobei letztere wohl der konkreteste Teil ist. Die Unterschiedlichkeit in der Unterstützungspraxis ist von Kanton zu Kanton gross. Eine Vereinheitlichung drängt sich auf. Es stellt sich die Frage, ob der Bund die Unterstützungen zu 100% übernehmen soll, oder ob die Kantone z. B. mit 40, 50 oder 60% zu beteiligen sind. Darüber kann diskutiert werden. Wir haben keinen fertigen Entwurf, bevor wir aber weiter machen, möchten wir doch das EPD und das EFZD zur Stellungnahme einladen. Es kann selbstverständlich nicht darum gehen heute schon verbindliche Beschlüsse zu fassen.
Fürspr[echer]Mumenthaler: Es können verschiedene Varianten zur Diskussion gestellt werden, wie z. B. Beteiligung der Kantone, Subventionsgesetz oder Konkordat, wobei aber bei den letzteren Lösungen unser Einfluss auf die Gestaltung der Auslandschweizerunterstützung in Frage gestellt würde. Wir sind uns auch noch nicht im Klaren ob sich der Bund bei den Unterstützungen an heimgekehrte Auslandschweizer während einer gewissen Zeit noch beteiligen soll. Da sich die Hilfe nach dem Wohnsitzprinzip richtet, wäre allenfalls ein finanziell- und zeitlich beschränktes Mitmachen angebracht.
Dir[ektor]Schürch: Die für die Unterstützung von Schweizerbürgern im Ausland zu entrichtenden Unterstützungen werden, inkl. den Aufwendungen aus unseren Fürsorgeabkommen mit Deutschland4 und Frankreich5, auf ca. 2 Mio. Franken im Jahr geschätzt.
Fürspr[echer]Jaccard: Die NHG wurde bereits 1966 eingeladen6 ihre Vorschläge über die Ausführungsgesetzgebung zum Auslandschweizerartikel 45bis zu unterbreiten. Diese Vorschläge stehen noch aus. Verschiedene Gründe haben bei der Verzögerung mitgespielt. In bezug auf das Militärwesen (Militärsteuern, Dienstbüchlein, Militärgerichtsbarkeit) ist verschiedenes im Tun. Was die politischen Rechte angelangt ist man bemüht, den Auslandschweizer-Organisationen einen öffentlichen-rechtlichen Anstrich zu geben.
Was nun die Fürsorge anbetrifft, sollte die Polizeiabteilung als Clearingstelle eingesetzt werden, die auch in finanziellen Fragen ihr Wort zu sagen hätte. Eine Gleichbehandlung der Unterstützungsbedürftigen in ein und demselben Land ist anzustreben. Die Kosten sollten nicht zu 100% durch den Bund getragen, sondern den Kantonen mit z. B. 50% auferlegt werden.
Ich bin der Meinung, dass der Bund auch in finanzieller Hinsicht den Kanto nen Auflagen machen kann. Der Beschluss sollte kurz gefasst werden und es sollten daraus nicht zuviele Rechtsansprüche abgeleitet werden können. Den ausländischen Gesetzgebungen ist Rechnung zu tragen. Dagegen könnten die Ausführungsbestimmungen ausführlicher gestaltet werden. Es sollten verschiedene Alternativ-Vorschläge zur Diskussion gestellt werden.
Dir[ektor]Schürch: Die Meinung ist die, dass unsere Hilfe immer subsidiärer Natur bleiben soll. Leistungen des Aufenthaltsstaates, der Hilfsorganisationen usw. sind zu berücksichtigen.
Fürspr[echer]Ernst: Die Finanzverwaltung widersetzt sich nicht zum vornherein einer Lösung, die die Übernahme der Unterstützung der Schweizer im Ausland durch den Bund zum Ziele hat. Sie ist bereit, die Frage materiell zu diskutieren. Es stellt sich indessen die Frage der Dringlichkeit. Mit den immer fortschrittlicheren Sozialleistungen auch im Ausland, sollte das Fürsorgeproblem in den Hintergrund treten. Die Zahl der Unterstützungsfälle dürfte zurückgehen. Was die Beteiligung des Bundes an den Unterstützungen nach Rückwanderung anbelangt, kann man sich fragen, ob, wenn vom Wohnsitzprinzip ausgegangen wird, nicht gerade hier eine Hilfe angebracht wäre. Das ganze Problem ist erst jetzt neu an mich herangetreten, sodass ich es vorerst noch studieren muss. Die Eingabe der Fürsorgedirektoren-Konferenz ist nicht ausschlaggebend, geht es ihr doch sicher vorwiegend darum, den Kantonen eigene Mittel zu ersparen.
Dir[ektor]Schürch: Kein Staat ist völkerrechtlich verpflichtet Ausländer zu unterstützen, es sei denn, es bestünden zwischenstaatliche Vereinbarungen. Wie schon gesagt, soll die Hilfe subsidiärer Natur bleiben. Alle andern Hilfsmöglichkeiten sind vorab auszuschöpfen. Massgebend für unseren Vorstoss ist nicht das Gesuch der Fürsorgedirektoren-Konferenz, sondern die Dringlichkeit eine rechtsgleiche Behandlung der Auslandschweizer herbeizuführen.
Fürspr[echer]Mumenthaler: Mit dem Verfassungsartikel 45bis ist uns die Aufgabe gegeben, die Frage der Unterstützung der Schweizer im Ausland zu überprüfen. Die Schaffung der Rechtsgleichheit unserer Landsleute im Ausland auf diesem Gebiet ist ein dringendes Gebot.
Fürspr[echer]Jaccard: Die schweizerische Gesetzgebung ist auf Inlandschweizer zugespitzt und hat auf die Auslandschweizer keine Rücksicht genommen. Der Verfassungsartikel ist nicht etwa wegen der schönen Augen der Auslandschweizer geschaffen worden. Es gibt Länder mit keiner oder sehr ungenügender Sozialversicherung, weshalb etwas getan werden muss. Man braucht keine überbordende Ausgleichslösung, sondern eine solche die sich in vernünftigem Rahmen hält. Die Rechtsgleichheit steht im Vordergrund.
Dir[ektor]Schürch: Grosse Differenzen in der Unterstützungspraxis im Ausland, wie sie bis anhin bei den verschiedenen Kantonen existierten, sollten in Zukunft vermieden werden.
Fürspr[echer]Ernst: erwartete Darstellung der Probleme mit Lösungsmöglichkeiten, wobei die Grössenordnung der voraussichtlich benötigten Mittel bekanntzugeben wäre.
Dir[ektor]Schürch: im 10 Jahresbudget-Plan sind bereits bestimmte Beträge für diesen Zweck eingesetzt worden. Im Übrigen ist es schon so, dass die Zahl der Unterstützungsfälle dank der fortschrittlichen Sozialpolitik zurückgegangen ist. Es bleiben aber die kostspieligen Dauerpflegefälle wie z. B. die psychisch Kranken. Die Kosten dürften sich ungefähr im gleichen Rahmen halten.
Wir werden die Frage, ob die Kantone zu einem Unterstützungsbeitrag für Schweizer im Ausland verpflichtet werden können, der Justizabteilung unterbreiten.
- 1
- Protokoll: E4260 D-01#1995/258#198* (360.0.2). Vorsitz: O. Schürch. Anwesend: H.- U. Ernst, M. Jaccard, H. Mumenthaler, P. Otth. Beginn 15.00 Uhr. Schluss 16.50 Uhr.↩
- 2
- Nicht ermittelt.↩
- 3
- Vgl. dazu die Notiz von H. Mumenthaler an O. Schürch vom 16. April 1968, Doss. wie Anm. 1.↩
- 4
- Vereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Fürsorge für Hilfsbedürftige (mit Schlussprotokoll) vom 14. Juli 1952, AS, 1953, S. 423-428. Vgl. ferner das Schreiben von O. Schürch an P. Micheli vom 21. Juli 1967, dodis.ch/33463.↩
- 5
- Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Fürsorge für Unbemittelte (mit Unterzeichnungsprotokoll) vom 9. September 1931, BS, 14, S. 128–133. Vgl. ferner DDS, Bd. 24, Dok. 168, dodis.ch/32872, Anm. 24.↩
- 6
- Vgl. dazu Doss. E2001E#1978/84#352* (A.15.06.542).↩