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Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 23, Dok. 50
volume linkZürich/Locarno/Genève 2011
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2004B#1978/136#8* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2004(B)1978/136 2 | |
Dossiertitel | Ständerätliche Kommission für auswärtige Angelegenheiten. (Uch. für einzelne Sitzungen) (1964–1967) | |
Aktenzeichen Archiv | a.123.22 |
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2003A#1978/29#19* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2003(A)1978/29 8 | |
Dossiertitel | FIPOI - Fondation des immeubles pour les organisations internationales (1963–1966) | |
Aktenzeichen Archiv | o.104.11 |
dodis.ch/31620
Der Chef der Abteilung für Internationale Organisationen des Politischen Departements, J. Burckhardt, vor der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats1
Exposé 2 betreffend Immobilienstiftung für internationale Organisationen in Genf
Das Aufblühen und Wachsen des internationalen Lebens in Genf3 ist eine Tatsache, über die wir uns einesteils freuen können, wenn sie auch anderseits gewisse Bedenken erregt4. Unser Einfluss auf das Wachstum ist beschränkt5. Wir können die Niederlassung neuer Organisationen in Genf verhindern, und das ist der Wille sowohl des Bundesrates als der Genfer Behörden. Aber jenen Organisationen, denen wir bereits Gastrecht gewährt, mit denen wir Sitzverträge abgeschlossen haben, müssen wir gemäss diesen Verträgen und der Praxis bei uns und in anderen Ländern die Ausübung ihrer Tätigkeit erleichtern. Dazu gehört, dass wir ihnen bei der Lösung ihrer wachsenden Unterkunftsprobleme behilflich sind6.
Diese Probleme nehmen Ausmasse an, welche eine systematischere und in finanzieller Hinsicht wirtschaftlichere Behandlung erheischen als bis anhin.
Zu diesem Zweck beabsichtigen der Bundesrat und die Genfer Behörden, die Immobilienstiftung für internationale Organisationen zu gründen7. Sie wird in baulichen Belangen ein enges Zusammenwirken von Bund und Kanton und ein einheitliches Auftreten gegenüber den internationalen Organisationen gewährleisten. Das bedeutet auch, dass wir verstärkt Einfluss auf die Rationalisierung der Bauprogramme nehmen können.
In der Praxis soll die Stiftung eigene Bauten errichten, verwalten und vermieten können, oder auch gegebenenfalls Darlehen an Organisationen vermitteln, welche in eigener Regie zu bauen beabsichtigen. Die Umschreibung der Aufgaben der Stiftung ist absichtlich «souple» gefasst, damit sie allen vernünftigen Bedürfnissen gerecht werden kann.
Die Botschaft8 erwähnt ein erstes konkretes Projekt: die Errichtung des Bauens Varembé in der Nachbarschaft der Place des Nations9. Die Stiftung wird Bauherrin und Eigentümerin des Objektes sein, es verwalten und vermieten. Das Bauprogramm entspricht dem nachgewiesen dringenden Bürobedarf der EFTA10 und der UIT11, sowie dem ebenfalls unaufschiebbaren Bedürfnis nach einer gemeinsamen Kongressanlage zur Entlastung jener im Palais des Nations12, die den Andrang nicht mehr zu bewältigen vermag.
Die finanzielle Regelung: zur Realisierung des Varembé-Projektes wird der Kanton Genf, dem es zur Zeit, wie Sie wissen, an liquiden Mitteln gebricht, ein Baurecht auf dem Grundstück in die Stiftung einbringen. Es wird mit Fr. 650’000 (Fr. 250 per m2) bewertet. Der Bund soll in Form eines verzinslichen Darlehens die Mittel für die Ausführung des Baues zur Verfügung stellen. Ohne dass der Kostenvoranschlag schon in allen Einzelheiten feststünde – die sich hinziehenden Verhandlungen mit den potentiellen Mietern, deren Wünsche berücksichtigt werden sollen, dauern noch an – wird mit Baukosten von 40 Millionen Franken gerechnet.
Die Darlehensbedingungen sollen vertraglich zwischen Bund und Stiftung nach deren Gründung geregelt werden. Wir denken an eine Verzinsung mit 4% plus eine angemessene Rückzahlungsquote (etwa 1%)13. Der Bundesrat wird darüber entscheiden, sobald ein solider Voranschlag der Baukosten und das Tableau der Mietzinsen vorliegen werden. Die Mietzinsen werden so berechnet, dass sie die Verzinsung des Baurechts und des Bundesdarlehens sowie die Amortisation des letzteren und die Unterhaltskosten decken werden.
Mit dem Bau soll nach Ablauf der Sperrfrist im Frühjahr 1965 begonnen werden.
Der Bundesrat erachtet es als angezeigt, dass die Stiftung über eine gewisse Manövriermasse verfügen kann, sei es für den Fall, dass Kostenüberschreitungen im Varembé-Projekt entstehen, oder dass andere Projekte vorbereitet werden müssen. Es wird auch ins Auge gefasst, einen Bankenkredit, welcher dem GATT für die Errichtung eines Bürobaues gewährt wird, mit Mitteln der Stiftung abzulösen. Es wird Ihnen deshalb vorgeschlagen, über die mutmasslichen Kosten von Varembé hinaus fünf Millionen Franken in das Darlehen einzubeziehen.
Künftige Bauvorhaben internationaler Organisationen sollen, wie im vorliegenden Fall, durch die Stiftung behandelt werden. Insoweit als die Finanzhilfe des Bundes noch mehr beansprucht wird, werden den Räten weitere Botschaften vorgelegt werden.
Wir empfehlen Ihnen die Genehmigung des vorliegenden Entwurfes14, der eine systematischere Ordnung und wirtschaftlichere Praxis in die Regelung der Baufragen für Internationale Organisationen in Genf bringen wird.
- 1
- Referat: E 2004(B) 1978/136 Bd. 2 (a.123.22).↩
- 2
- Für eine bereinigte Fassung der Rede vgl. das Protokoll der Sitzung der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats vom 13. November, E 1050.12(-) 1995/512 Bd. 2. Für die Differenzen vgl. Anm. 12.↩
- 3
- Zur Situation der internationalen Organisationen in Genf vgl. die Debatte im Nationalrat über ein Darlehen an die Organisation der Vereinten Nationen und an die Weltgesundheitsorganisation vom 2. Juni 1964, dodis.ch/31641; die Notiz von F. Blankart an F. T. Wahlen vom 10. September 1965, dodis.ch/31713; das Exposé von R. Keller vor der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 16.–17. November 1966, dodis.ch/31631; das BR-Verhandlungsprot. der 55. Sitzung vom 10. August 1965, E 1003(-) 1994/26 Bd. 3, S. 5–7 sowie die Antwort von F. T. Wahlen auf die Interpellation von K. Furgler und H. Hubacher vom 7. Oktober 1965, Sten. Bull. NR, 1965, S. 557. Zur Besteuerung der Beamten internationaler Organisationen in Genf vgl. das BR-Verhandlungsprot. der 48. Sitzung vom 26. Juni 1964, dodis.ch/31985, S. 4–5.↩
- 4
- Zum Referendumskomitee gegen die Immobilienstiftung für internationale Organisationen vgl. das Protokoll vom 12. August 1965, dodis.ch/31603. Zur Position des Bundesrats in der Abstimmung über die Immobilienstiftung vgl. das BR-Verhandlungsprot. der 16. Sitzung vom 1. März 1965, E 1003(-) 1994/26 Bd. 3, S. 4–5 sowie das BR-Verhandlungsprot. der 21. Sitzung vom 19. März 1965, ibid., S. 7.↩
- 5
- Zu einem Versuch der Einflussnahme vgl. das Schreiben von J. Burckhardt an E. Stadelhofer vom 20. Februar 1965, dodis.ch/31562.↩
- 6
- Zur Bautätigkeit internationaler Organisationen in Genf vgl. z. B. die Notiz von F. Pianca vom 6. November 1964, E 2003(A) 1978/29 Bd. 8 (o.104.11); die Notiz von E. Thalmann an W. Spühler vom 8. Juni 1966, dodis.ch/31630 sowie die Stellungnahme von H. Schaffner im BR-Verhandlungsprot. der 42. Sitzung vom 1. Juli 1966, E 1003(-) 1994/26 Bd. 4, S. 5: Der Bundespräsident unterstützt mit voller Überzeugung die Politik, die Genf stark machen will. Wenn man die UNO hier verankern könne, dann habe man viel gewonnen. Es handle sich um die billigste Aussenpolitik für einen neutralen Staat.↩
- 7
- Vgl. dazu das Protokoll von F. Pianca vom 18. Januar 1964, E 2003(A) 1978/29 Bd. 8 (o.104.11) sowie das BR-Prot. Nr. 1642 vom 18. September 1964, dodis.ch/31625.↩
- 8
- Vgl. die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung von Darlehen an die Immobilienstiftung für internationale Organisationen in Genf vom 18. September 1964, BBl, 1964, II, S. 769–780 sowie das BR-Prot. Nr. 124 vom 17. Januar 1964, dodis.ch/31560.↩
- 9
- Vgl. dazu Doss. E 2003(A) 1978/29 Bd. 8 (o.104.11).↩
- 10
- Vgl. dazu Doss. wie Anm. 9.↩
- 11
- Vgl. dazu Doss. E 2003(A) 1978/29 Bd. 458 (o.724.51).↩
- 12
- Zu den Ausbauplänen für den Palais des Nations 1966 vgl. Doss. wie Anm. 9.↩
- 13
- Fussnote im Originaltext: Im Protokoll nicht ziffernmässig anzugeben!↩
- 14
- Vgl. Anm. 8.↩
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