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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 23, doc. 138
volume linkZürich/Locarno/Genève 2011
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.40#1986/25#699* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.40(-)1986/25 28 | |
Dossier title | Rhodésie, Teil 2 (1965–1968) | |
File reference archive | 370.1 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1977/9#1778* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1977/9 149 | |
Dossier title | Handelsbeziehungen (1966–1966) | |
File reference archive | 870 • Additional component: Rhodesien |
dodis.ch/31090
1. Britische Druckversuche mit dem Ziel, Schweiz zu verschärften wirtschaftlichen Massnahmen gegen Rhodesien zu veranlassen, beginnen beunruhigende Formen anzunehmen. Vom Bundesrat aus eigenem Antrieb eingenommene Haltung schien zwar anfänglicher britischer Erwartung eini germassen zu entsprechen, dass wir vermeiden würden, zu europäischer Drehscheibe des von UNO-Sanktionen behinderten rhodesischen Handels zu werden. Diesem Zwecke diente vor allem Bundesratsbeschluss 17. Dezember 19653, der Einfuhr rhodesischer Waren der Bewilligungspflicht unterstellte und das Volumen des zulässigen Importes auf courant normal4 beschränkte. Über Motivierung dieses Beschlusses sowie über weitere schweizerische Massnahmen (Nichtanerkennung5 der rhodesischen Unabhängigkeit und folglich auch des Regimes Smith durch Bundesrat, Kriegsmaterialembargo sowie Blockierung der Guthaben der Rhodesia Reserve Bank seitens schweizerischer Nationalbank6) wurden Sie insbesondere durch Übersendung des grundlegenden gemeinsamen Antrags von EPD und EVD an Bundesrat vom 13. Dezember 19657 sowie durch Rundschreiben vom 17. Dezember8, dem die Erläuterungen9BundesratWahlens an die Presse beilagen, einlässlich dokumentiert.
2. Mit andauernder Zuspitzung des Rhodesienproblemes angesichts wachsender Unzufriedenheit namentlich seitens farbiger Commonwealth-Staaten, die London zu sukzessiver Steigerung eigener wirtschaftlicher Massnahmen gegen Rhodesien veranlasste, haben sich indessen britische Forderungen, dass auch Schweiz auf diesem Wege fortschreite, in Bern vervielfacht. Am 18. Januar forderte britischer Botschafter10 über courant normal hinausgehende zusätz liche Beschränkung unserer Importe aus Rhodesien11. Am 24. Januar notifiziert er uns legalen Bann auf Chrom-, Tabak- und Asbestgeschäften12. Am 27. Januar unterbreitet sein Handelsrat13 britische Restriktionswünsche hinsichtlich Versicherungsgeschäfts14. Am 1. Februar verlangt Isaacson im Auftrage Londons komplettes Handelsembargo gegenüber Rhodesien mit Hauptakzent auf Tabak15. Am 14.16 und 18.17 März meldet uns britischer Handelsrat die Namen schweizerischer Firmen, die sich nach britischen Informationen angeblich an den geheimen Tabakauktionen in Salisbury zu beteiligen gedenken und erinnert daran, dass die britische Regierung rhodesische Tabakexporte als illegal erklärt hat. Am 28. März überbringt uns Botschaftsrat Purves eine neue Warnung, aus der u. a. hervorgeht, dass britischerseits an eine Art schwarzer Liste von Firmen, die sich mit rhodesischem Tabak eindecken, gedacht wird18. Kopien unserer einlässlichen Notizen über jede einzelne dieser Unterredungen befinden sich in Besitz Eurer Botschaft19.
3. Haben auf alle diese Demarchen konsequent geantwortet, dass Schweiz jene Massnahmen, die Ihr in Bezug auf Handel mit Rhodesien in gegebener Lage angemessen erschienen, am 17. Dezember autonom beschlossen hat20. Sind weder gewillt noch in der Lage, ein mehreres zu tun. Haben auch durchblicken lassen, dass schweizerische Öffentlichkeit auf Druck von aussen stets sehr negativ zu reagieren pflegt. Im Sinne Geste guten Willens habe aber Bundespräsident21 in Eigenschaft als Chef EVD mit NationalratGlasson als Präsident der Association suisse des fabricants de cigarettes, der übrigens von uns auch seither über britische Massnahmen in Tabaksektor orientiert gehalten wurde, informatorisch Fühlung genommen. Ebenso sei Hauptinteressent für rhodesischen Asbest benachrichtigt worden. Vgl. hiezu unsere Notiz 4. Februar22 sowie auch Schreiben Probst an Glasson 28. März23.
4. Wie Ihr unserer, Euch mit heutigem Kurier zukommenden, gestrigen Notiz24 an Departementschef25 entnehmen konntet, hat Situation inzwischen infolge wachsender britischer Ungeduld weitere Zuspitzung erfahren, die bedrohliche Formen anzunehmen scheint und auch für Botschafter Isaacson, dem anscheinend schwächliche Vertretung britischer Rhodesienpolitik in Bern vorgeworfen wird, unangenehme Auswirkungen zeitigen könnte (letzteres vertraulich). Departementschef hält deshalb Moment für gekommen, dass schweizerischer Standpunkt jetzt auch in London durch Sie persönlich mit Nachdruck vorgetragen wird. Bitten Euch diese Demarche «im Auftrag schweizerischer Regierung26 » möglichst bald auf Ebene Under Secretary Foreign Office zu unternehmen. Wollet dabei zwar alles Verständnis für britische Zwangslage an den Tag legen, der auch Bundesrat, soweit ihm dies tunlich schien, Rechnung getragen hat. Doch seien Massnahmen der Schweiz, die sich in ihrer speziellen Lage volle Entscheidungsfreiheit wahren müsse, in autonomer Weise nach eigenem Ermessen erfolgt. Wenn wir dabei teils weniger weit zu gehen scheinen als andere Staaten, so wisse man anderseits, dass unsere Massnahmen, was keineswegs überall der Fall sei, peinlich genau angewandt würden. Im Übrigen liege Schlüssel zu Erfolg wirtschaftlicher Sanktionen gegen Rhodesien gewiss nicht bei relativ sehr geringem Umfang schweizerischer Rhodesienimporte (vgl. Prozentzahlen in unserer gestrigen Notiz27), sondern vornehmlich in Haltung der Nachbarstaaten Rhodesiens. Wir müssten deshalb dringend bitten, dass man sich mit unserer durchaus loyalen Haltung abfinde und von weiteren Versuchen absehe, uns via britische Botschaft Bern dauernd unter unangebrachtem Druck zu halten28. Wollet Euch im Übrigen für zusätzliche Argumentation namentlich an Presse erklärungen Bundesrates Wahlen29 sowie auch an unsere Notizen 4. Februar30 und 31. März31 halten.
Erbitten Bericht32 über Verlauf Euerer Unterredung.
- 1
- Telegramm Nr. 77 (Empfangskopie): E 2200.40(-) 1986/25 Bd. 28 (370.1). Erhalten: 1. April 1966, 15.40 Uhr. Verfasst von R. Probst. Kopien an W. Spühler, E. Stopper, H. Bühler, O. Long, E. Diez, O. Morand, O. Exchaquet, P. Dietschi und C. Jagmetti.↩
- 2
- Handschriftliche Anmerkung: Vgl. Notiz von Dr. Probst an Bundesrat Spühler.↩
- 3
- BR- Prot. Nr. 2189 vom 17. Dezember 1965, dodis.ch/31953.↩
- 4
- Zur Definition des «courant normal» vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 154, dodis.ch/31951.↩
- 5
- Zur Frage der Anerkennung Rhodesiens vgl. das BR-Verhandlungsprot. der 79. Sitzung vom 12. November 1965, E 1002(-) 1994/26 Bd. 3, S. 1 f.↩
- 6
- Vgl. dazu die Notiz von R. Probst vom 7. Dezember 1965, dodis.ch/31102. Zum ablehnenden Entscheid der Nationalbank, Rhodesien den Schweizerfranken als Reserve- bzw. Handels- währung zur Verfügung zu stellen, vgl. das Schreiben von W. Schwegler und M. Iklé an P. Micheli vom 16. November 1965, dodis.ch/31132 sowie das Antwortschreiben von P. Micheli vom 25. November 1965, dodis.ch/31104.↩
- 7
- Vgl. Anm. 3.↩
- 8
- Schreiben von R. Probst an die schweizerischen Botschaften und an das Büro des schweizerischen Beobachters bei der UNO vom 17. Dezember 1965, Doss. wie Anm. 1.↩
- 9
- Vgl. das Schreiben von E. Thalmann an B. Turrettini vom 21. September 1966, Anhang 2, dodis.ch/31066.↩
- 10
- R. S. Isaacson.↩
- 11
- Vgl. dazu die Notiz von R. Probst an P. Micheli vom 20. Januar 1966, E 2001(E) 1978/84 Bd. 936 (C.23.2).↩
- 12
- Vgl. das Aide Memoire von R. S. Isaacson an R. Probst vom 24. Januar 1966, Doss. wie Anm. 1.↩
- 13
- H. B. C. Keeble.↩
- 15
- Vgl. dazu die Notiz von R. Probst an P. Micheli vom 2. Februar 1966 sowie das Aide-Mémoire der britischen Botschaft vom 31. Januar 1966, ibid.↩
- 16
- Vgl. dazu die Notiz von P. Dietschi an R. Probst vom 14. März 1966, ibid.↩
- 17
- Vgl. die Notiz von O. Exchaquet vom 18. März 1966, ibid.↩
- 18
- Vgl. die Notiz von O. Exchaquet vom 28. März 1966, ibid.↩
- 19
- Vgl. Doss. E 2200.40 1986/25 Bd. 28 (370.1).↩
- 20
- Vgl. Anm. 3.↩
- 21
- H. Schaffner.↩
- 22
- Notiz von R. Probst an P. Micheli vom 4. Februar 1966, dodis.ch/31096.↩
- 23
- Vgl. das Schreiben von R. Probst an P. Glasson vom 28. März 1966, Doss. wie Anm. 11.↩
- 24
- Notiz von R. Probst an W. Spühler vom 31. März 1966, dodis.ch/31093.↩
- 25
- W. Spühler.↩
- 26
- Gleichentags informierte W. Spühler den Bundesrat über die britischen Druckversuche. Vgl. das BR-Verhandlungsprot. der 22. Sitzung vom 1. April 1966, E 1003(-) 1994/25 Bd. 4, S. 7: Rhodesien; Verhalten gegenüber dem englischen Druck: Der britische Botschafter muss auf Weisung seiner Regierung immer wieder in dieser Sache vorsprechen. Er hat grosses Verständnis für unseren Standpunkt. Um ihn etwas zu entlasten, soll unser Botschafter in London einmal in Aktion treten und bemerken, dass der britische Botschafter nachgerade etwas aufsässig werde. Damit leiste man diesem und auch uns den besten Dienst.↩
- 27
- Vgl. Anm. 24.↩
- 28
- Weitere Interventionen der britischen Regierungen erfolgten trotzdem, vgl. das BR-Verhandlungsprot. der 30. Sitzung vom 10. Mai 1966, dodis.ch/32028 sowie das BR-Verhandlungsprot. der 58. Sitzung vom 23. September 1966, E 1003(-) 1994/26 Bd. 3, S. 8.↩
- 29
- Vgl. das Schreiben von E. Thalmann an B. Turrettini vom 21. September 1966, Anhang 2, dodis.ch/31066.↩
- 30
- Vgl. Anm. 22.↩
- 31
- Vgl. Anm. 24.↩
Tags
United Kingdom (Economy) UN Sanctions against Rhodesia (1966)