Language: ns
1940-1954
BAR;E4320(B)1973/17/,54
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
________________________

14.2.1940: erster Rapport der Kripo Bern über den Aufenthalt Ruscheweyhs in der Schweiz, u.a. im deutschen Konsulatsgebäude in Bern.
11.9.1941: nächste Meldung über Ruscheweyh von der Oberzolldirektion wegen des imposanten Reisegepäcks von Ruscheweyh, das immer mit Plomben des deutschen Generalkonsulats in Zürich versehen ist. Aufenthaltszweck des "Wirtschaftsberaters" sei die deutsche Gesandtschaft in Bern und die Maschinenfabrik Oerlikon. Auf der Rückreise habe er Waren bei sich, die das Ausfuhrverbot nach Deutschland verletzen.
13.9.1941: Schreiben der Bundesanwaltschaft an die schweizerische Gesandtschaft in Berlin wegen Ermittlungen gegen Ruscheweyh. Vorwurf der verbotenen Warenausfuhr. Ruschewehy soll seit Kreigsausbruch schon ca. 20 Mal nach Zürich gekommen sein. Das Hotel verlasse er jeweilen mit mind. 4 Koffern voller Luxusartikel.
13.10.1941: Das EPD hat die deutsche Gesandtschaft auf das unzulässige Verhalten Ruscheweyhs aufmerksam gemacht. Die Antwort besagt, dass Ruscheweyh eine führende Persönlichkeit des deutschen Wirtschaftslebens und enger Freund Bührles sei. Er reise im Auftrag des OKWs zwecks Besprechungen mit Oerlikon und mit der Dt. Gesandtschaft. Ruscheweyh möchte ein Dauervisum.
3.2.1943: Direktor Bührle übernimmt Garantie für Ruscheweyh , dass dieser sich in der Schweiz korrekt benehme. Ruscheweyh rechtfertigt sich dann persönlich. Er teilt mit, dass er seinen ständigen Wohnsitz in Schaan (Liechtenstein) nehmen wolle, weshalb er sich dort nun seit August 1942 eine Villa erbaue, für die er verschiedene Waren in der Schweiz einkaufen müsse. Nach Deutschland hingegen habe er nie Waren illegal ausgeführt, er habe lediglich den diplomatischen Kurier gespielt.
5.2.1943: Polizeiinspektorat Zürich berichtet über Ruscheweyhs Aufenthalt im Hotel Storchen. Er empfing dort verschiedene Geschäftsleute. Er empfing auch den rechtsextremen Architekten Lippert und den Kaufmann und Geschäftsführer der Treuhand AG in Zürich, Max Held, dem er einen Barbetrag von 700 000 - 800 000 Sfr übergeben habe. Auch acht Koffer stünden dem Held zur Verfügung. Ruscheweyh habe nicht nur Kleider, sondern auch Schmuck und Juwelen zusammengekauft, er habe Hunderttausende von Franken umgesetzt. Ruscheweyhs Benehmen sei aber diskreter als zuvor gewesen. Er habe alle Einkäufe selbst getätigt.
1.3.1943: Verfahren gegen Ruscheweyh soll eingeleitet werden. Grund: Hamsterei
Coupons und Zusatzscheine für rationierte Textilien von Ruscheweyh
10.1.1944: Bundesanwaltschaft berichtet an Fremdenpolizei, dass gegen Ruscheweyh nicht nur wegen Hamsterei, sondern auch wegen Spionage Verdacht besteht. Positive Anhaltspunkte fehlen aber noch.
11.1.1944: Bericht des Polizeikorps Zürich über die Kontakte von Ruscheweyh zu Walter Herz, der in Berlin für Bührle arbeitet, zu Max Held, Geschäftsführer der Treuhand AG in Zürich, zu Dr. Alois Vogt, dem Regierungsstellvertreter in Vaduz. Held ist dem Polizeidienst seit 1940 bekannt und steht der NBS, Hofmann Ernst, Dr. Max Spörri (ebenfalls Treuhand AG) etc. nahe.
24.1.1944: Kantonspolizei Zürich berichtet, dass Ruscheweyh seine Villa in Schaan bezogen hat und keine Einreisebewilligung in die Schweiz bekommen hat. Die Herren von Oerlikon müssten nun nach Schaan kommen. Ausserdem sei Ruscheweyh krank. Durch seine Hände gingen alle Waffenlieferungen aus der Schweiz nach Deutschland und alle Zahlungen der Reichsregierung. Dabei habe er Millionen verdient. Ausserdem sei er der oberste Leiter der Spionageabwehr in Frankreich, enge Verbindung zu SS, Gestapo, H. Himmler. Seine Villa sei ständig von SS-Leuten bewacht
26.1.1944: Meldung der Kantonspolizei Zürich, dass es sich bei Rudolf Ruscheweyh zweifellos um den Chef der deutschen Spionageabwehr in Paris, Oberst Rudolf, handelt. Seine Tätigkeit für die deutsche Kriegswirtschaft habe ihm ein Millionenvermögen eingetragen, weshalb er heute der zweithöchste Steuerzahler Liechtensteins sei. Mit Paris stehe er auch von Schaan aus weiterhin täglich in Verbindung. Die Herren Ruscheweyh und Bührle verkehren in bestem Einvernehmen miteinander. Von Ruscheweyh hängen Bestellungen und Finanzierungen der Waffen-und Munitionslieferungen der deutschen Wehrmacht und "Sein oder Nichtsein der Arbeiterschaft der E. Bührle'schen Unternehmen ab".
6.1.1944: Ruscheweyh ist im Besitz eines Diplomatenpasses als Staatsangehöriger von Liechtenstein, Beruf: Handelskanzler
26.2.1944: Einbürgerung Ruscheweyhs ist noch hängig, da Bern Vetorecht besitzt. Die Polizeikontrolle um das Haus Ruscheweyhs in Schaan hat ergeben, dass keine Bewachung vorhanden ist (keine SS-Leute). Bezweifelt wird, dass Ruscheweyh mit seiner Gicht eine Spionageorganisation leiten könne. Feststeht hingegen seine Rolle im Rüstungsgeschäft für das OKW mit Bührle, "Presta AG" in Eschen u.a.
29.3.1944: Ruscheweyh betätigt sich als grosszügiger Arbeitgeber in Liechtenstein und als Spender von Sportgeräten für eine Schule.
16.8.-15.9.1944: Postkontrolle über Ruscheweyh. Einige Briefe von Oerlikon Bührle. Auflistungen von Lieferungen und Preisen.
2.11.1944: Major Rüfenacht vom SD des Armeekommandos berichtet, dass Ruscheweyh bisher für seine Geschäfte eine Provision von 11 Mill. Sfr bezogen habe. "Er betätigt sich auch in der Anlage von grossen Vermögenswerten von Parteiangehörigen in der Schweiz. (...) Ruschewei soll identisch sein mit Oberst Rudolf, Leiter der Spionageabteilung in Paris."

Sehr kritisch merkt Rüfenacht dann an, dass er vor Wochen dem Hauptmann Lienert von der Kantonspolizei St:Gallen genau diese Informationen gegeben habe. Und nun fungiere dieser Lienert widerum als Gewährsmann des SD. "Dieser Fall ist bezeichnend für die Meldungen der 'Gewährsleute' der NS und ebenfalls bezeichnend für den toten Kreislauf, den solche Meldungen nehmen, wenn sich jeder mit fremden Federn schmücken will."
10.11.1944:
Schweizerische Bundesanwaltschaft berichtet von Ermittlungen gegen Ruscheweyh wegen des Verdachts der Spionagetätigkeit zugunsten Deutschlands. "Laut neuester Mitteilung ist Ruscheweyh auf der schwarzen Liste der Alliierten als Kriegsverbrecher genannt. Während seines Pariser-Aufenthaltes soll Ruscheweyh ein intimer Freund Himmlers gewesen sein. Ruscheweyh wird auch als Leiter eines sogenannten 'Bureau Otto', das sich mit wirtschaftlicher Spionagetätigkeit und mit der Wegschaffung von beschlagnahmten Geldern und Wertsachen in den besetzten Gebieten befass, genannt. Gegen Ruscheweyh läuft zurzeit auch ein Verfahren bei der SVSt in Zürich."
17.11.1944: Postkontrolle. Ruscheweyh soll davon keinsefalls etwas wissen.
27.11.1944: Regierungschefstellvertreter Dr. Vogt vertritt in Liechtenstein die Interessen Ruscheweyhs auch in der Regierung. Von Vogt weiss man nur, dass Ruscheweyh in Paris und Baden-Baden feudal gelebt habe. In Paris soll Ruscheweyh ebenfalls eine rege wirtsch. Tätigkeit für das OKW entfaltet haben (Kriegsmateriallieferungen aus franz. Betrieben).
18.12.1944: Das Polizeikorps in Zürich berichtet, dass von zuverlässiger Seite (alliierte Kreise) die Information stamme, dass Ruscheweyh auf der französ. Kriegsverbrecherliste stünde, dass er in Paris in der Gestapo-Zentrale Wohnsitz gehabt habe. Die Alliierten wollen nicht, dass Ruscheweyh immer wieder die Einreiseerlaubnis via Festungskommando Sargans erhält.
4.1.1945: Bundesanwaltschaft berichtet, dass bisher noch nicht festgestellt werden konnte, ob Ruscheweyh tatsächlich auf der franz. Kriegsverbrecherliste steht.
9.1.1945: Postkontrolle ergibt, dass Ruscheweyh bei der Leu&Co 50 000 Handelssperrmark liegen hat.
9.1.1945: Aktennotiz von Benz zu seinem Gespräch mit Kurt Trümpy, Kaufmann aus Glarus, zur Zeit in Verhandlungen mit der SS, Obersturmführer Kurt Becher, wegen der Judentransporte aus Ungarn. Im Gespräch Trümpys mit SS-Hauptsturmführer Wandel und Kriminaldirektor der Gestapo Hohmann sei die Frage nach Ruscheweyh aufgekommen. Man habe Trümpy gefragt, ob Ruscheweyh mit Engländern und antideutschen kreisen in Verbindung stehe. Ruscheweyh geniesse nicht das volle Vetrauen der deutschen Behörden. Trümpy habe Bührle mit SS-Standartenführer Steimle zusammengebracht.
Für seine Verhandlungen bezieht Trümpy ein monatl. Gehalt von 2000.- von Saly Mayer.
12.2.1945: In der Postkontrolle enthalten ein Brief von Steegmann aus Davos, dessen Inhalt angeblich bedeutungslos ist.
20.2.1945: In der Postkontrolle befindet sich ein Brief von Oerlikon Bührle, dass Ruscheweyh seine Provisionen nicht bekommen könne, da über ihn eine Sperre verhängt ist.
22.3.1945: Aktennotiz von Inspektor Benz über seine Unterredung mit Ruscheweyh: Ruscheweyh erzählt seine Biographie, berichtet über seine hervorragenden Wirtschaftskontakte, die ihn in verschiedene Länder gebracht hätten, so auch mit der Schweiz. Bührle habe er die Einschaltung in das deutsche Geschäft vorgeschlagen und ermöglicht. Total habe er bis im Herbst 1944 (Waffenausfuhrverbot) für 1 Mrd. Sfr Aufträge bei Bührle und ca. 50 kleinere und grössere Betriebe in der Schweiz weitervergeben. Er habe gleichzeitig für Bührle Geschäfte mit Russland eingeleitet.
Er habe ab 1940 in Paris als Berater der deutschen Behörden fungiert. 1943 sei ihm von SS-Beamten plötzlich der Vorwurf gemacht worden, er betreibe Wirtschaftsspionage zugunsten der Schweiz gegen Deutschland. Bei der Eröffnung der "Presta" in Eschen, so sei ihm vorgeworfen worden, hätte er eine deutschfeindliche Ansprache gehalten, obwohl er ja gar nicht anwesend gewesen sei. Seit Anfang 1944 lebe er nur noch in Schaan. Er sei nicht "Oberst Rudolf" und habe mit Spionage nie etwas zu tun gehabt. Er sei schwer enttäuscht über die Vorwürfe gegen ihn seitens der Fremdenpolizei und der SVSt.
Benz hält Ruscheweyh für einen sehr gerissenen Kaufmann, dass aber sehr vieles an den Gerüchten falsch sei. Nach dem Krieg werde er sicher im Wirtschaftsleben wieder eine grosse Rolle spielen. Insgesamt habe Ruscheweyh keinen schlechten Eindruck gemacht.
20.3.1945: Brief von Wys Müller&Co, Zürich, an Ruscheweyh über E.V.D. Wight, Bankier und amerik. Konsul. Was über diesen bekannt ist. Wird als Geschäftsverbindung empfohlen.
10.4.1945: Aktennotiz von Inspektor Benz über eine Unterredung Fürsprecher Hodlers mit Dr. Balsiger. Hodler informierte, dass Ruscheweyh für die Schweizer Industrie nach dem Kriege sehr nützlich sein könnte.
11.4.1945: Nachtrag zur Aktennotiz von Inspektor Benz vom 22.3.1945. Benz ist am 22.3.1945 nochmals bei Ruscheweyh gewesen, um die Frage des Diplomatenpasses zu klären. Er habe diesen nur für seine Einreise nach Liechtenstein erhalten und dann ihn wieder zurückgegeben. Die 10 Mill. Sfr, die die Fremdenpolizei als Depot für die Aufenthaltsbewilligung verlangt, muss nun von Oerlikon Bührle und nicht von Ruscheweyh bezahlt werden.
15.4.1945: Bericht des Polizeikommandos St. Gallen (Kantonspolizei) an die Bundesanwaltschaft wegen Transaktionen Ruscheweyhs. Am 15.2.1945 sei Ruscheweyh mit seiner Geliebten (A. Bodson), seinem Privatsekretär, dem Fahrer und dem Bereiter (Pferdewärter) zur liechtensteinischen Bank in Vaduz gefahren und hätten dort vier bereitstehende Koffer aus Blei und einen aus Holz ins Auto geladen. Die mitgebrachte Aktentasche und der mitgebrachte kleine Koffer seien gefüllt worden. Zum Einladen der Koffer seien zwei Mann nötig gewesen. Die Last sei in die Villa Ruscheweyhs gefahren worden. Danach soll der Privatsekretär jede Woche für einen Tag in die Schweiz eingereist sein.
2.5.1945: Kopie der Bundesanwaltschaft an die Fremdenpolizei vom Schreiben der Politischen Polizei aus Paris: "Le Gouvernement français ...reclame Ruscheweyh comme criminel der guerre." Ruscheweyh alias Colonel Rudolf, alias Friedrich Ramstedt, Grad - Sonderführer, 180 cm gross, schwarze Haare, braune Augen, deutscher Agent der Gestapo in Paris
4.5.1945: SVSt bedankt sich für den Bericht über Ruscheweyh und die Vorgänge vom 15.2. und die Nachricht aus Paris.
22.5.1945: Polizeidienst der Bundesanwaltschaft möchte an den von Ruscheweyh entlassenen Pferdewärter heran kommen, um Auskünfte zu erhalten.
24.5.1945: Das EPD bittet um Auskunft bezüglich Ruscheweyh und den Bericht der franz. Behörden.
28.5.1945: Fürsprecher Hodler bestreitet die Richtigkeit der französischen Angaben zu Ruscheweyh und seiner Rolle als Kriegsverbrecher.
6.6.1945: Franzosen wollen ein Verfahren zur Auslieferung Ruscheweyhs einleiten.
6.6.1945: Bundesanwaltschaft in der Angelegenheit Ruscheweyh: Die Villa Ruscheweyhs, der Reichtum in der Villa. In der Bevölkerung von Liechtenstein wird vermutet, dass die Villa aus Geldern von Göring und Himmler bezahlt worden sei, um diesen bei ungünstigem Kriegsausgang als Zufluchtsstätte zu dienen.
6.6.1945: Der Anfrage des Polizeidienstes der Bundesanwaltschaft an die Franzosen bezgl. Beweismaterial gegen Ruscheweyh ist noch nicht definitiv beantwortet.
14.6.1945: Wegweisungsverfügung für Ruscheweyh durch die Liechtensteinische Regierung zum 31.7.1945. "Die weitere Anwesenheit ist unewrwünscht."
16.6.1945: Fürsprecher Hodler an den Polizeidienst der BA, dass es sich bei den französischen Stellen in bezug auf Ruscheweyh um eine Verwechslung halten muss. Ruscheweyh habe keine Handlung begangen, die ihn zum Kriegsverbrecher erhebe.
3.7.1945: Aktennotiz von Inspektor Benz über seine Unterredung mit Lt. Roger Chatel von der Securité in Feldkirch. Liechtenstein sei mittlerweile bereit, Ruscheweyh auszuliefern, wenn die Schweizer Behörden damit einverstanden seien. Chatel wünscht ein Photo von Ruscheweyh, um festzustellen, ob er Oberst Rudolf ist oder nicht.
10.7.1945: Die Photos gehen von der Fremdenpolizei an Insp. Benz.
21.7.1945: Spezialbericht über Rudolf Ruscheweyh: über die Identität von Ruscheweyh und Oberst Rudolf ist man sich nicht mehr sicher. Sicher aber ist, dass Ruscheweyh einer der besten deutschen Agenten war. In seiner Wohnung in Baden-Baden hat man 10 Uniformen versch. nationalitäten gefunden, die auf Ruscheweyh zugeschnitten waren, ausserdem 5 oder 6 nichtdeutsche Päsee, alle mit Ruscheweyhs Bild. Die Wohnung Ruscheweyhs diente des SD und dem Nachrichtendienst (AST) als Absteigequartier und als Konferenzort.
9.8.1945: Abhörungsprotokoll des Polizeidienstes der BA: Ernst Aeberli, wollte von Ruscheweyh Geld haben. Dubiose Person. Gibt vor auf grund seiner suggestiven Kräfte zu wissen, wo Ruscheweyh sich aufhalte.
6.9.1945: Advokat Hodler erhält die Information von einer Kollegin aus Paris, dass Ruscheweyh nicht auf der franz. Kriegsverbrecherliste steht.
28.9.1945: Hodler schreibt der BA über das Ergebnis aus Paris.
3.10.1945: Rekurs in Sachen Ruscheweyh gerichtet an den Bundespräsidenten mit Antrag auf Aufhebung der Wegweisungsverfügung und auf Einbürgerung in Liechtenstein. Ausführliche begründung des Rekurs.
24.10.1945: Meldung, dass Ruscheweyh Agent für Wirtschaftsspionage für eine Organisation Hildebrand gewesen sein soll. Er soll mehr als zehn verschiedenen ausländische Uniformen und fünf versch. Pässe in seiner Wohnung gehabt haben. Angehörige des SD und der AST hätten sich in seiner Wohnung getroffen.
2.11.1945: Fremdenpolizei an die BA wegen Ruscheweyh Inspektor Benz hatte eine telephonische Unterredung mit einem franz. Funktionär, der ihm zu verstehen gegeben habe, dass an höherer Stelle in Frankreich es nicht erwünscht sei, sich weiter mit dem Fall Ruscheweyh zu befassen.
22.11.1945: Polizeidienst der BA an die Fremdenpolizei bzgl. Ruscheweyh Herr Lt. Chatel hat mit Hilfe des Photos feststellen können, dass Ruscheweyh nicht mit Oberst Rudolf identisch ist. Lt. Chatel, Securité militaire, habe dann von seinen vorgesetzten Stellen erfahren, dass er sich nicht mehr mit dem Fall Ruscheweyh befassen solle. Bis vor kurzem scheinen franz. Offiziere im Hause Ruscheweyhs verkehrt haben.
26.12.1945: Die Postkontrolle wird aufgehoben.
27.12.1945: Konferenz bei der Handelsabteilung unter Teilnahme von EPD, Fremdenpolizei, SVSt und Bundespolizei in Sachen Ruscheweyh : Es geht um die 12 bzw. 10 Mill. Sfr, die Ruscheweyh als Provision kassiert hat und fürdie er die erforderliche Kriegsgewinnsteuer von 9 Mill. Sfr nicht bezahlt hat. Ruscheweyh hat geltend gemacht, dass er zu diesem Zeitpunkt seinen zivilrechtlichen Wohnsitz in Liechtenstein gehabt habe. Die handelsabteilung macht darauf aufmerksam, dass der Fall Bührle/Ruscheweyh und der Wegweisungsfall unbedingt auseinander gehalten werden müssten. Dies findet auch die SVSt, die nicht zum Prügelknaben im Fall Ruscheweyh werden wolle. Ruscheweyh habe Beziehungen zu Laval unterhalten. Ruscheweyh habe während der Regierungszeit Lavals in Paris als Wirtschaftsberater gearbeitet.In der Zeit, als Laval von Feldkirch her um Einlass ersucht habe, sei angeblich auch der ungarische Staatsschatz an der Grenze in Feldkirch in 2 Camions bereit gelegen. Die Schweiz wollte diesen Schatz nicht aufnehmen. Er sei später in St.Anton am Arlberg gefunden worden. Die Rolle Ruscheweyhs bzgl. der Goldgeschichte konnte bisher nicht geklärt werden. Die Engländer interessierten sich zwar für Ruscheweyh, doch sei nicht zu erwarten, dass sie wirklich etwas unternehmen würden.
14.1.1946: Der Polizeidienst der BA teilt der SVSt mit, noch immer keine Antwort aus Paris erhalten zu haben. Verwiesen wird lediglich auf die den Advokaten Hodler, der eine negative Antwort erhalten habe. Es gebe aber einen Namensvetter der sich als deutscher Offizier in britischer Gefangenschaft befinde.
31.1.1946: Kantonspolizei Zürich an das Polizeikommando, ND: die Einbürgerung Ruscheweyhs ist nun so gut wie perfekt. Die Einsprachfrist ist bereits abgelaufen. Ruscheweyh habe sich für Immuität den Amerikanern und Franzosen angeboten, über alles, auch über die Schweiz, auszupacken.
20.6.1946: EPD an die schweizerische Gesandtschaft in Paris: Das von der Gesandtschaft vorgelegte belastende Material über Ruscheweyh wird als überholt eingeschätzt. Stattdessen stünde dem ständigen Aufenthalt Ruscheweyhs in Liechtenstein nun wohl nichts mehr im Wege.
Im franz. Bericht finden sich Zahlenangaben zu Ruscheweyhs Besitz und zu seinen Kontakten. Teret, Capart, Walter Hörz (richtig: Herz), Bührle. Die Übereinstimmung von Ruscheweyh und Oberst Rudolf wird hier noch konstatiert, auf Grund der Aussage von Meissner.
30.8.1946: Polizeidienst der BA an das EPD über Ruscheweyh: Der Grossteil der gegen Ruscheweyh vorgebrachten Beschuldigungen sei verdreht und stark übertrieben. Oberst Rudolf sei mit Ruscheweyh nicht identisch.
10.10.1946: Colonel Olivier habe im Auftrag einer franz. Regierungsstelle bei Ruscheweyh vorgesprochen, um über eine Lizenzerteilung zur Fabrikation in Frankreich eines neuartigen Scheinwerfers zu verhandeln.
15.10.1946: EPD an die Fremdenpolizei: Die Alliierten haben im Rahmen der Kommission zur Durchführung des Washingtoner Abkommens darauf gedrängt, Ruscheweyh heimzuschaffen. Von Schweizer Seite wurden sie daraufhin ersucht, die Gründe dafür anzugeben. Beiliegend die Stellungnahme der SVSt vom 4.10.1946 zu den Konti von Ruscheweyh Es konnten keine Tatbestände ermittelt werden, die in Widerspruch zu den früheren Aussagen Ruscheweyhs stünden. Deshalb sei die Abklärung des Spezialfalles Ruscheweyhs erledigt.
19.10.1946:EPD-Bericht an die Fremdenpolizei über den Fall Ruscheweyh mit dem Wunsch des EPDs an die Fremdenpolizei, das Aufenthaltsrecht Ruscheweyhs neu (d.h. positiv) zu regeln.
4.1.1947: Fremdenpolizei an die Bundesanwaltschaft über die Rekursangelegenheit Ruscheweyh. Beiliegend der Antrag der Britischen Legation in Bern bzgl. der Heimschaffung von Bernhard Berghaus und Rudolf Ruscheweyh Beide stehen auf der "wanted-list" der Zentralregierung für Kriegsverbrecher. Bei Berghaus, weil in seinen Rüstungsunternehmen in Deutschland und Österreich Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Bei Ruscheweyh wegen seiner Tätigkeit in Paris als Wirtschaftsberater und Chef des Referats Technik der AST in Paris. Wie das Hauptquartier der Gestapo und der wirtschaftliche ND war Ruscheweyh im Hotel Lutetia untergebracht. Ruscheweyh unterhielt enge Kontakte zu Oberst Rudolph und Josef Steegmann, der oft bei Ruscheweyh in Schaan zu Gast war.
16.1.1947: Polizeidienst der BA an die Eidg. Fremdenpolizei: Wie das EPD so ist nun auch der Polizeidienst der Auffassung, dass dem Aufenthalt Ruscheweyhs in Liechtenstein nichts mehr im Wege stehe. Ruscheweyh sei zu krank, um der Schweiz zu schaden.
3.3.1947: Bericht über die Einvernahme Ruscheweyhs am 13.2.1947: Ruscheweyh betont, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu den Franzosen, Amerikanern und auch Engländern unterhalte.Nachdem Ruscheweyh seine Tätigkeit in den Kriegsjahren dargelegt hat, steht für den Polizeidienst fest, dass die Akte Ruscheweyh geschlossen werden könne, da sich kein strafbarer Tatbestand konstruieren lasse. Das Anliegen der Engländer auf Ausweisung erscheint nun unverständlich. "Es macht den Anschein, dass man sich wegen der angeblichen Millionen dieses Mannes blenden liess und darum seine Liquidierung im Sinne des Washingtonerabkommens verlangt wurde."
13.8.1947: Dem Rekurs Ruscheweyhs gegen die Ausweisung wird stattgegeben, da kein Beweis für die Vorwürfe gegen den Rekurrenten erbracht werden konnte. Er kann in Liechtenstein sein, bleibt aber für die Schweiz "vollständig unerwünscht". Es wird für Ruscheweyh die Einreisesperre in die Schweiz verhängt.
16.9.1947: Advokat Hodler rekurriert im Auftrage Ruscheweyhs gegen die Einreisesperre. Ausführliche Begründung.
4.12.1947: EPD an die amerik. Gesandtschaft in Bern betrf. Ruscheweyh, Gisinger, Steegmann, Friedrich Bock. Die Amerikaner möchten bitte erst beweise vorlegen, bevor Liechtenstein bereit ist, gegen die Herren vorzugehen.
1.7.1948: Der Rekurs Ruscheweyhs gegen die Einreisesperre wird nun vom EJPD
gut geheissen
22.6.1953: Die Gerüchte um Ruscheweyhs Waffenhandel für Deutschland hören nicht auf, seien aber nur Gerüchte. Die sehr guten Beziehungen Ruscheweyhs zu den USA sind bekannt. Die in Vaduz gegründete Firma Octogon Trust gibt keinen Anlass zu Vorkehrungen.
22.6.1953: Meldung an die Nachrichtensektion Bern, dass in Vaduz am 24.1.1952 die Trust Gesellschaft Octogon Trust gegründet worden ist. Kapital 100 000.- Sfr. Hauptträger der Gesellschaft ist Ruscheweyh, wohnhaft in Schaan. Ruscheweyh hat verschiedene Lizenzen für Waffen, die seiner Zeit bei Bührle angefertigt worden sind. Darüber ist es zu einem Prozess gekommen, den Ruscheweyh verloren hat. Es wird behauptet, dass Ruscheweyh seine alten früheren guten Kontakte zu deutschen und amerikanischen Militärs wieder aufgenommen habe und sich mit Waffenhandel in sehr grossem Masse für Deutschland befasse. Der sache nachzugehen, sei sehr schwierig, da Ruscheweyh die Protektion von ganz oben geniesse.
22.9.1953 (19.8.1953): Aktennotiz des Polizeidienstes: Bei einer Zollrevision am 17.7.1953 in Buchs fand sich ein Brief an Ruscheweyh von Dr. Helmut Gschwend in Bonn, in welchem es um Waffenhandel geht. Gschwend habe im Auftrag von Ruschewyh mit verschiedenen deutschen Militärs und Regierungskreisen in Bonn wegen der Lieferung oder Vermittlung von Kriegsmaterial verhandelt. Lieferant ist z.B. Oerlikon Bührle.
Burkhardt von der KTA (Rüstungszentrale) sagt, dass Ruschewyh zwar nicht im Besitz einer Bewilligung gemäss Art. 6 der BRB von 1949 sei, man dennoch ihn nicht belangen könne, da Besprechungen, Anbahnungen und Planungen nicht unter den BRB fallen.
10.10.1953 (8.10.1953): Bericht des Polizeidienstes: nochmalige Schilderungen der Aktivitäten Ruscheweyhs während der Kriegsjahre und der Jahre danach, bis Ruscheweyh 1948 wieder völlig rehabilitiert war, liechtensteinisches Bürgerrecht und Aufenthaltsrecht in der Schweiz hatte.
Im August 1948 meldete ein Vertrauensmann dem Polizeidienst folgendes: Ruscheweyh sei ein hervorragender Agent des Geheimdienstes Canaris gewesen. Seinen Reichtum habe er als Geheimagent erworben.
Eintrag im Handelsregister über die Firma OKTOGON:
Bericht vom 16.12.1952 über die Aktivitäten des Sven Walter Hinnen, Waffen von Oerlikon Bührle an die Sowjetunion zu verkaufen. Hinnen steht in Verbindung mit OKTOGON. Oktogon habe via Ruscheweyh / Wight und Dulles in Bern/ gute Kontakte zu den Amerikanern. Ruscheweyh sei mittlerweile mit Bührle verfeindet. Bührle halte Ruscheweyh zu allem für fähig, Ruscheweyh habe Bührle zu erpressen versucht, dieser sei aber nicht darauf eingestiegen.
Dann nochmals die Schilderung der Zollrevision.
11.12.1954: Das Liechtensteiner Volksblatt meldet den Unfalltod von Frau Simone Ruscheweyh. Auf der letzten Seite findet sich auch die Traueranzeige der beiden Kinder, in der vom Tod von Frau Andrée Ruscheweyh, geborene Bodson, die Rede ist. Darin heisst es auch, dass Rudolf Ruscheweyh 11 Monate zuvor von jahrelanger Krankheit erlöst worden sei.
How to cite: Copy

Repository