Schweizerisch-britische Verhandlungen zu einem Zahlungs- und Handelsabkommen. Britische Besatzungszone Deutschlands. Wirtschaftliche Kontakte mit den Dominions.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 16, doc. 50
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#3768* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/99 354, 355 | |
Dossier title | Titelaffidavits, Nichtfeinderklärung, Einreicheraffidavits. Bedingungen für die Ausstellung (1946–1948) | |
File reference archive | C.45.193 • Additional component: Grossbritannien |
dodis.ch/1657 Der schweizerische Gesandte in London, P. Ruegger, an den Vorsteher des Politischen Departements, M. Petitpierre1
Ich beehre mich, auf das Schreiben zurückzukommen, das Sie am 30. November über die Frage der Verhandlungen mit Grossbritannien im Hinblick auf den Abschluss eines Zahlungs- und Handelsabkommens zu richten die Güte hatten2.
Seither hat Herr Professor Paul Keller mit den Herren Dr. Frey und Dr. Bühler in neuen eingehenden Besprechungen mit den zuständigen Ministerien erneut abzuklären gesucht, was in Bezug auf die Wareneinfuhr und - ausfuhr durch Abkommen zu erfassen wäre3. Herr Professor Keller hat hierüber zweifellos bereits zuhanden des Bundesrates Bericht erstattet4. Die Delegation blieb in engstem und vertrauensvollstem Kontakt mit unserer Gesandtschaft, und mein Mitarbeiter, Herr Legationssekretär Aubaret, der die Besprechungen nach Möglichkeit vorbereitet und vermittelt hat, nahm an sämtlichen Unterredungen teil. Ich benütze die Gelegenheit gerne, um Ihnen zu sagen, wie sehr Herr Professor Keller die treffliche Mitarbeit Herrn Aubarets geschätzt hat.
Die Aufgabe, der unsere Delegation gegenüberstand, war keine leichte5. Es ist aber unsere volle Überzeugung, dass Herr Professor Keller und seine Kollegen wie gewohnt alles Erdenkliche getan haben, um eine Basis für ein Handelsabkommen, das gleichzeitig mit dem vorgesehenen Zahlungsabkommen abzuschliessen wäre, zu finden.
Die erste Schwierigkeit zur Erfüllung der diesmaligen spezifischen Aufgabe unserer Delegation lag darin, dass es den englischen Behörden naturgemäss nicht unbekannt sein konnte, dass die Bereitschaft des Bundesrates, nunmehr in Verhandlungen über den Abschluss eines Zahlungsabkommens einzutreten, auch auf politische Erwägungen zurückging – die richtige Erwägung namentlich, dass es für die Besprechungen mit den Alliierten über die deutschen Guthaben wesentlich war6, sich des Verständnisses der Britischen Regierung zu versichern. Damit war es aber natürlich auch gegeben, dass der Abschluss des Zahlungsabkommens nicht unbedingt von englischen Konzessionen auf der Seite des Warenwechsels abhängig gemacht werden konnte, was die Verhandlungsbasis schmälerte.
Die von Herrn Professor Keller geführte Delegation hat alles versucht, unseren Verhandlungsgepflogenheiten gemäss die Fixierung bestimmter Quoten namentlich für die Ausfuhr nach England zu erreichen. Hier fand sie einen festen, nicht nur auf den gegenwärtigen unsicheren Verhältnissen gegründeten, sondern auch in den englischen Gepflogenheiten verwurzelten Widerstand. England hat sich in den letzten Verhandlungen mit keinem Staat auf Quoten festgelegt und will dies auch uns gegenüber nicht tun7. Praktisch besteht aber mehr als ein Eindruck, eine gewisse Zusicherung, dass sich die Tore für unseren Export doch etwas öffnen werden. Wieweit, wird von der Entwicklung – die nicht als zu schwarz angesehen werden sollte – abhängen, aber auch von weiteren Schritten, die in nächster Zukunft, parallel mit der Entwicklung, zu tun sein werden. Den psychologischen Faktor des Willens der Engländer, uns entgegenzukommen, dürfen wir nicht unterschätzen; dies kann wichtiger sein als vertragliche genaue Fixierungen, wie wir sie gegenüber anderen Staaten erreichen, ohne die Sicherheit der Einhaltung zu besitzen.
Herr Professor Keller hat auch sein besonderes Augenmerk auf den künftigen Wirtschaftsverkehr mit der britischen Okkupationszone Deutschlands gerichtet, die für uns sehr wichtig ist8.
Endlich möchte ich bemerken, dass es sich erneut gezeigt hat, dass wirtschaftliche Besprechungen mit den Dominion-Vertretungen in London sehr wünschbar sein können. Peripher wird sich, auch bei der Errichtung neuer Gesandtschaften9, nicht alles ausschliesslich regeln lassen. Auch auf diesem Gebiet zählen wir auf das weitere Erscheinen in London unserer bewährten Unterhändler-Equipe.
- 1
- Schreiben: E 2001 (E) 1/354.↩
- 2
- Nicht ermittelt.↩
- 3
- Die erwähnte Wirtschaftsdelegation unter der Leitung von P. V. Keller weilte vom 10. bis 21. Dezember 1945 in London.↩
- 4
- Für den Zwischenbericht von P. V. Keller an W. Stucki vom 26. Dezember 1945 vgl. dodis.ch/2279.↩
- 5
- Für die Instruktionen der Delegation vom 7. Dezember 1945 vgl. ebd.↩
- 6
- Vgl. Thematisches Verzeichnis dieses Bandes: Relations financières générales.↩
- 7
- Zu den Zahlungs- und Handelsabkommen Grossbritanniens mit Drittstaaten vgl. E 2001 (E) 1968/78/428.↩
- 8
- Vgl. DDS, Bd. 16, Dok. 94, dodis.ch/1994.↩
- 9
- Zur Frage der Errichtung neuer schweizerischer Gesandtschaften im Ausland vgl. die Botschaft des Bundesrats vom 7. September 1945 in BBl, 1945, II, S. 1–21 (Britische Dominions: S. 13–17).↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/1657 | is mentionned in | http://dodis.ch/2279 |
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